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Brasilien feiert ersten Oscar-Gewinn wie den Sieg einer Fußball-WM

Mitten im Karneval sorgt die Trophäe für den Film “Für immer hier” für Euphorie in dem südamerikanischen Land.

Ein langes Warten hat ein Ende: Brasilien hat erstmals einen Oscar gewonnen – und das mitten im Karneval. Der Film “Für immer hier” erzählt die Geschichte von Eunice Paiva, deren Mann Rubens Paiva im Jahr 1971 während der Militärdiktatur (1964-1985) verschleppt wird. Das Drama, das auf dem Erinnerungsbuch des Sohnes des Ehepaars beruht, gewann in der Kategorie “bester internationaler Film”. Hauptdarstellerin Fernanda Torres, nominiert als beste Hauptdarstellerin, ging leer aus.

Als Regisseur Walter Salles die Trophäe in Los Angeles entgegennahm, feierten auf den Straßen Brasiliens gerade Millionen Menschen Karneval. Viele waren als die Hauptdarstellerin Fernanda Torres verkleidet. Die Umzüge und Parties wurden unterbrochen, um das Ereignis auf Großbildleinwänden zu verfolgen. Die Stimmung ähnelte dabei einem Sieg der Nationalmannschaft bei einer Fußball-Weltmeisterschaft. In die Freude mischte sich aber auch Enttäuschung darüber, dass “Für immer hier” in den Kategorien “beste Hauptdarstellerin” und “bester Film” nicht gewann.

Im Vorfeld hatte es aus dem rechten politischen Lager Kritik an dem Film gegeben. Er stelle die Militärdiktatur als brutal dar, obwohl diese Brasilien vor einer linken Revolution bewahrt habe. 434 Menschen wurden damals getötet, mehr als 200 gelten wie Paiva als verschwunden.

Der einst ebenfalls von den Militärs verfolgte heutige Präsident Luiz Inacio Lula da Silva feierte den Oscar. “Heute können wir noch viel stolzer darauf sein, Brasilianer zu sein. Und wir können stolz sein auf unser Kino, unsere Künstler und vor allem auf unsere Demokratie.”

Regisseur Salles erinnerte in seiner Dankesrede in Los Angeles nicht nur an Eunice Paiva. Sie verstarb 2018, ohne die Leiche ihres Mannes gefunden zu haben. Er dankte auch Hauptdarstellerin Fernanda Torres und deren Mutter Fernanda Montenegro, die im Film die ältere Eunice Paiva spielt. “Diese Auszeichnung geht an Sie, Eunice Paiva, und an die außergewöhnlichen Frauen, die Ihnen das Leben geschenkt haben, Fernanda Torres und Fernanda Montenegro.”

Montenegro war 1999 für den ebenfalls von Regisseur Salles inszenierten Film “Central Station” als beste Hauptdarstellerin nominiert worden, unterlag damals aber der Amerikanerin Gwyneth Paltrow für deren Rolle in “Shakespeare in Love”. Immerhin sei ihre Tochter Fernanda Torres nun mit Mikey Madison einer besseren Schauspielerin unterlegen als damals ihre Mutter, kommentierte ein brasilianischer Filmkritiker. Madison gewann für ihre Rolle in “Anora”, dem großen Sieger des Abends, der “Für immer hier” auch in der Kategorie “bester Film” schlug.