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Blutige Epoche: Der historische Bauernkrieg im Spiegel der Kunst

In Grafiken haben sich Künstler wie Käthe Kollwitz mit dem Bauernaufstand vor 500 Jahren auseinandergesetzt. Eine Heilbronner Ausstellung zeigt nun einzigartige und historische Stücke zur “Rebellion des gemeinen Mannes”.

Bauernproteste – wer denkt da nicht an die kilometerlangen Traktor-Korsos, die im Dezember 2023 und im Januar 2024 vielerorts den Verkehr lahmlegten. Auslöser waren von der Bundesregierung angekündigte Streichungen von Steuersubventionen für Landwirte. Unter dem Titel “Rebellion des gemeinen Mannes” zeigt die Kunsthalle Vogelmann in Heilbronn ab Samstag (1. Februar) eine vielschichtige Ausstellung zu einem ungleich brutaleren und blutigeren Bauernaufstand: jenem vor 500 Jahren.

In der Schau, die bis 25. Mai dauert, werden die historischen Ereignisse und einige Hauptakteure des ersten großen deutschen Volksaufstands beleuchtet – im Spiegel der Kunst aus verschiedenen Epochen bis zur Gegenwart. Museumsdirektor und Ausstellungskurator Marc Gundel sagte am Donnerstag vor Journalisten: “Die Ausstellung lässt einen nicht unbedingt euphorisch zurück.” Vielleicht könne man aber aus der Brutalität der historischen Ereignisse und dem künstlerischen Blick darauf etwas für die Gegenwart lernen.

Der Bauernkrieg in den Jahren 1524 bis 1525 wütete vor allem im Südwesten Deutschlands sowie in Thüringen und Hessen. Aufstände der ländlichen Bevölkerung ließen den Adel, Kirchenvertreter und die städtischen Obrigkeiten kaum zur Ruhe kommen. Auch unter Berufung auf reformatorische Schriften Martin Luthers war aus regionalem Unmut ein Flächenbrand entstanden, der jedoch fast überall blutig niedergeschlagen wurde.

Zu Beginn der Ausstellung steht man vor dem – von der Johanneskirche im württembergischen Schwaigern entliehenen – Barbara-Altar des Malers Jerg Ratgeb. “Es ist keine Kopie, es ist das Original”, betonte die Heilbronner Bürgermeisterin Agnes Christner bei der Pressevorbesichtigung.

Der Altar, der 1509/10 im Auftrag der Familie Graf Neipperg entstand, werde erst zum zweiten Mal überhaupt ausgestellt, erläuterte Gundel. Bisher sei er im Jahr 2010 nur einmal an die Staatsgalerie Stuttgart ausgegebenen worden.

Der als Triptychon mit beidseitig bemalten Flügeln gestaltete Altar zeigt Leben und Martyrium – also die Enthauptung – der heiligen Barbara. Der Altar-Maler Jerg Ratgeb war einer der Bauernführer – er wurde wegen Hochverrats verurteilt und 1526 grausam hingerichtet: durch Vierteilung.

Wie die historischen Ereignisse des Bauernaufstandes seit dem 20. Jahrhundert verarbeitet wurden, vermitteln Künstlerinnen und Künstler wie etwa Käthe Kollwitz, HAP Grieshaber und Alfred Hrdlicka.

Kollwitz etwa verorte ihre Motive nicht im 16. Jahrhundert, sondern wähle eine “zeitlose Darstellungsform”, wobei sie den “Blickwinkel der Schwachen” in der Gesellschaft einnehme, so die Ausstellungsmacher.

Vier eigens entwickelte zeitgenössische Kunstprojekte wollen hingegen “Fragen nach der heutigen Relevanz des Aufstands und seiner Bedeutung aufwerfen”. Etwa der “Spießrutenlauf” der Künstlerin Hannah Cooke durch zwölf metergroße Speerspitzen aus Aluminiumblech.

Oder ein – in Erinnerung an das Schicksal Ratgebs – gevierteilter Traktor in Originalgröße, bestehend aus grauem Dämmstoff mit dem Titel “FENDT-END”. Das Kunstwerk wurde vom Kunstaktivisten Andreas Mayer-Brennenstuhl angesichts der Bauern-Proteste von Ende 2023 geschaffen, um das damals in den Medien allgegenwärtige “Macht-Symbol” Traktor zu hinterfragen.

Für die Ausstellung kooperiert die Kunsthalle Vogelmann mit der evangelischen Kirchengemeinde Schwaigern und dem Deutschen Bauernkriegsmuseum in Böblingen. Leihgaben kommen aus der Staatsgalerie Stuttgart und dem Landesmuseum Württemberg. Insgesamt sind 45 Exponate zu sehen, deren Urheber versucht haben, die historische Bauernrebellion irgendwie zu verstehen – mit den Augen von Künstlerinnen und Künstlern.