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Bischof Wilmer: Kirche ist konstruktiv-kritischer Partner der Politik

“Anpacken ist besser als reden”, sagt Heiner Wilmer. Der Bischof von Hildesheim plädiert im Interview für eine politische Kirche, die Brücken baut und für die Menschenwürde eintritt.

Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer sieht die Kirche als Bündnispartner der Regierung. Das sagte der Vorsitzende der Kommission der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) für gesellschaftliche und soziale Fragen dem kirchlichen Portal katholisch.de (Freitag). Dabei gehe es allerdings um eine konstruktiv-kritische Unterstützung, nicht um eine unpolitische Kirche.

Angesprochen auf die umstrittene Wortmeldung der Kirchen zur Migrationspolitik und die im Sondierungspapier geplanten Sanktionen für Bürgergeldempfänger erklärte Wilmer: “Wir sollten als Kirche nicht den moralischen Zeigefinger erheben oder alles besser wissen.” Das Ziel der Kirche müsse sein, die Würde des Menschen in den Mittelpunkt der Überlegungen zu stellen. “Diese Würde ist unverfügbar. Sie kann nicht durch demokratische Beschlüsse verändert werden”, betonte der Bischof.

So solle die Kirche zu den Regierenden eine konstruktiv-kritische Distanz haben. Das bedeute, auf der Grundlage eines grundsätzlichen Vertrauens gegenüber den Regierenden den Blick für jene zu schärfen, die in der Frohen Botschaft von Jesus im Zentrum, in der Gesellschaft aber am Rande stehen. “Wir sollten nicht nur an die Vernunft, sondern auch das Herz appellieren”, so Wilmer.

Gerade in Zeiten starker gesellschaftlicher Polarisierungen plädiert der Bischof von Hildesheim für eine neue Streitkultur: “In der Sache müssen wir heftig streiten, aber ohne uns persönlich zu diffamieren oder gering zu schätzen. Dabei müssen wir immer das Argument des jeweils anderen retten und uns fragen, warum das Gegenüber zu einer anderen Position kommt.” Dabei sei das Bauen von Brücken zwischen einzelnen Menschen und gegensätzlich ausgerichteten Gruppen schon immer eine wichtige Aufgabe der Kirche.

Wilmer appellierte an die globale politische Verantwortung Deutschlands: “Wir leben weltweit in einer Dynamik, in der die Starken tun, was sie können und die Schwachen erleiden, was sie müssen. Das ist fatal.” Es sei keine Option, dass reiche Länder wie Deutschland nur an sich selbst denken. “Niemand kann sich allein retten, weder Deutschland noch Europa”, sagte der Bischof.