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Sachsens Landesbischof Bilz: Missbrauchsstudie überrascht nicht

Sachsens Landesbischof Bilz sagt: “Wir wissen ja um die Dinge.” Kritik, die Landeskirchen hätten nicht ausreichend zugearbeitet, weist er zurück.

Tobias Bilz, Landesbischof aus Sachsen
Tobias Bilz, Landesbischof aus Sachsenepd-bild / Heike Lyding

Die Ergebnisse der Missbrauchsstudie der evangelischen Kirche haben Sachsens Landesbischof Tobias Bilz nicht überrascht: “Mein vorherrschendes Gefühl ist nicht Erschütterung – denn wir wissen ja um die Dinge. Wir haben den Forschern unsere Akten gegeben und dabei natürlich in den vergangenen drei Jahren ein genaues Bild bekommen”, sagte Bilz der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Dresden. “Wichtig ist, jetzt nicht bei den reinen Zahlen stehenzubleiben, sondern mit der Aufarbeitung und der Verbesserung von Schutz konsequent weiterzumachen.”

Am Donnerstag war in Hannover eine bundesweite Studie im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu Missbrauch und sexueller Gewalt veröffentlicht worden. Untersucht wurde der Zeitraum von 1946 bis 2020. Demnach wurden laut “spekulativen” Hochrechnungen mindestens 9.355 Kinder und Jugendliche in der evangelischen Kirche und Diakonie sexuell missbraucht. Zudem gibt es 3.497 Beschuldigte, davon gut ein Drittel Pfarrer oder Vikare.

Missbrauch – “wir müssen der Wahrheit ins Auge sehen”

Im Bereich der Evangelischen Landeskirche Sachsens und der Diakonie gibt es laut Studie 41 nachweisbare Fälle minderjähriger Betroffener und 28 Beschuldigte. Unter den Beschuldigten seien 13 Pfarrpersonen, drei Menschen aus anderen Verkündigungsberufen, acht sonstige Mitarbeiter und ein Ehrenamtlicher. Drei Beschuldigte konnten nicht identifiziert werden.

“Wir müssen der Wahrheit ins Auge sehen und konsequent handeln”, sagte Bilz. “Wir nehmen die Ergebnisse der Studie sehr ernst.” Zugleich betonte er: “In unserer Landeskirche hat es in den vergangenen drei Jahren einen wirklichen Schub gegeben, wie wir die Dinge aufarbeiten.” Erstaunt zeigte sich Bilz über die Kritik der Forscher, die Zuarbeit der evangelischen Landeskirchen sei nur unzureichend gewesen: “Wir haben alles vorgelegt, was von uns erwartet wurde.” Die Forscher hatten beklagt, fast alle Landeskirchen hätten nur die Disziplinarakten ausgewertet und nicht die Personalakten.

Bilz sagte, er sei zum Thema Missbrauch regelmäßig im Austausch mit seinem katholischen Amtsbruder Heinrich Timmerevers, Bischof von Dresden-Meißen. “Ich empfinde, dass wir gemeinsam auf dem Weg der Aufarbeitung sind und wechselseitig von unseren Erfahrungen profitieren. Das Ganze ist ja nichts Abgeschlossenes, sondern in ständigem Erkenntnisgewinn durch immer neue Studien”, so Bilz. “Ich wurde 2020 Bischof und arbeite quasi direkt seitdem an der ganzen Thematik.”