„Die Ideen kommen von allein, sobald ich den Stift ansetze“, sagt Hans Traxler. Der vielfach ausgezeichnete Künstler der komischen Kunst wird am 21. Mai 95 Jahre alt, und noch immer bringt er jedes Jahr mindestens ein neues Buch heraus. Dieses Jahr ist es „Wie die Malerei verschwand“, vergangenes Jahr „Von Schutzengeln und Teufeln“ und 2022 „Die Nacht, in der Kasimir Malewitsch das Schwarze Quadrat klaute“. Im selben Tempo soll es in Zukunft weitergehen, wie Traxler sagt: „Ich bin bis zu meinem 100. Geburtstag ausgebucht. Einzelheiten möchte ich nicht verraten.“ Seinen Ruf erwarb sich Traxler als Aushängeschild der Satire-Magazine „Pardon“ und „Titanic“ und als Mitbegründer der Künstlergruppe „Neue Frankfurter Schule“.
Schon mit vier Jahren habe er seine erste Bildergeschichte geschrieben, sagt der Künstler, der seit Anfang der 1970er Jahre im Frankfurter Nordend lebt: Drei Teddybären fahren auf einer Draisine über Land und erleben haarsträubende Geschichten. Seinem älteren Bruder gefiel der Comic so gut, dass er ihn für 20 Heller kaufte, erzählt Traxler im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Nachdem ich herausgefunden hatte, dass man für etwas, das Spaß macht, Geld bekommen konnte, um sich Dinge zu kaufen, die noch mehr Spaß machen, beschloss ich, nie mehr etwas anderes zu tun, als komische Zeichnungen zu machen.“
Traxlers Werke sind kleine Kostbarkeiten. Strich, Figur, Farbe – alles sitzt. In seinen Texten und aquarellierten Zeichnungen nimmt er den Alltagswahnsinn aufs Korn: Moden und Blasiertheiten, das Mann-Frau-Verhängnis, das Altwerden, Hölle und Himmel. Dabei kommt sein Humor nicht derb und grobschlächtig daher, sondern leicht und dezent.
Die Figuren haben keine Knollennasen und keine Glubschaugen. „Ich bin ein realistischer Zeichner, halte die Dinge so fest, wie sie sind, auch die Interieurs“, erläutert der Künstler. Die vielen Details „geben einer Zeichnung Halt, eine Erdung“. Für Traxlers jüngeren Kollegen Oliver Maria Schmitt ist er der „bildmächtigste Zeichner“ der „Neuen Frankfurter Schule“.
Hans Johann Georg Traxler wurde als Sohn österreichischer Eltern im nordböhmischen Herrlich (Hrdlovka) geboren und wuchs in Sangerberg (Prameny) zusammen mit seinen beiden Brüdern Fritz und Franz auf einem Bauernhof auf. Der Vater, Postenkommandant der Gendarmerie, und die Mutter, eine musisch begabte Hausfrau, achteten darauf, dass die Kinder katholisch erzogen wurden.
1938 zerschlugen die Nationalsozialisten die Tschechoslowakei, es folgten Krieg, Flucht und Vertreibung der deutschstämmigen Bevölkerung. Ende Mai 1945 verschlug es Hans Traxler nach Regensburg. Dort nahm ihn ein Freund der Familie, der ehemalige Prager Akademieprofessor Max Geyer, unter seine Fittiche und unterwies ihn in plastischer Anatomie, Faltenwurf, Zentralperspektive, Farben- und Kompositionslehre.
Inzwischen begreift sich der Künstler nicht mehr als Christ. „Die Entfernung zum Christentum wird größer, je älter ich werde. Übrigens auch zu allen anderen Religionen“, sagt er. Auch die Vorstellung von einem Leben nach dem Tod sei ihm fremd. Das hindere ihn aber nicht daran, an einen Schöpfergott zu glauben.
Mit 17 verkaufte Traxler seine erste Karikatur an eine Münchner Illustrierte. 1951 ging er nach Frankfurt am Main und studierte dort an der Städelschule Malerei und Lithografie. 1962 holte „Pardon“-Gründer Hans A. Nikel Traxler, F.W. Bernstein, Robert Gernhardt & Co. in die „Pardon“-Redaktion. Nach dem Niedergang der Zeitschrift gründeten die Freunde 1979 das Satiremagazin „Titanic“.
1983, ein Jahr nach der Wahl Helmut Kohls zum Bundeskanzler, veröffentlichte Traxler zusammen mit Peter Knorr „Birne. Das Buch zum Kanzler.“ 1988 gestaltete er das letzte Titelblatt für die „Titanic“, seitdem genießt er das freie Künstlerleben. Satire habe es mit dem Aufkommen der „Woke“-Bewegung für politische Korrektheit heute schwerer als in den vergangenen Jahrzehnten, sagt Traxler. In den vergangenen Jahren hat er vor allem Bildergedichte und Kinderbücher veröffentlicht wie etwa „Eddy. Der Elefant, der lieber klein bleiben wollte“ (2017). Die meisten von ihnen wurden in viele Sprachen übersetzt, darunter ins Hindi und Arabische.