Von Andrea Seeger (epd)
Ein Kerl wie ein Baum, dieser Thorsten Schmale aus Bischoffen-Roßbach an der Aartalsperre im Lahn-Dill-Kreis, nahe bei Gießen. Der 43-Jährige züchtet Schafe, hat aber auch Kühe, Esel, Hühner und Hunde. Auf Instagram nennt er sich „Gottes Zausel“, beschreibt sich als Christ, Biobauer, Demokrat. Außerdem ist er Sprecher des Arbeitskreises christlicher Schaf- und Ziegenzüchter.
Jeden Tag liest er einen Psalm, das sei ihm „Energiequelle und Ruhepol“. Dabei hatte er mit Kirche lange nichts am Hut, war mit 18 aus der Kirche ausgetreten, verdiente sein Geld als Krankenpfleger im Maßregelvollzug, samt Irokesenschnitt, Baseballkappe, Zigarette im Mundwinkel. Zurück zur Kirche führten ihn dann gleich mehrere Menschen.
Predigt zur Gefängnisandacht
Es begann mit Pfarrer Paulfried Spies von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Er war Anstaltspfarrer in der Einrichtung, in der Schmale arbeitete und musste bei Andachten bewacht werden. Diese Aufgabe hat Thorsten Schmale gern übernommen: „Dann konnte ich immer die Predigt hören“. Etwas habe da schon in ihm geschlummert.
Mit 26 heiratete er. Seine damalige Frau wollte unbedingt ein Pferd. „Dann möchte ich Schafe“, habe er gesagt. Zur Hochzeit schenkten Freunde ihm die ersten vier Tiere, bunt gemischt die Rassen. Er kaufte sich einen weiteren Bock, dann noch ein paar Mutterschafe. Und später weitere. Er pachtete eine Wiese dazu. Und noch eine. Nach und nach wuchs seine Schar auf 450 Tiere an, inzwischen hat er nur noch ein Drittel davon.
Anfangs arbeitete er noch als Krankenpfleger, mit reduzierter Stundenzahl. Eines Tages starb der Stationsarzt der Einrichtung. Pfarrer Spies und sein katholischer Kollege gestalteten eine ökumenische Trauerfeier. Schmale war „tief bewegt“. Das war Schritt Nummer zwei.
Beim Schritt Nummer drei spielt ein anderer Seelsorger eine Rolle. Frank W. Rudolph ist Pfarrer in Niederweidbach. Das gehört zur Gemeinde Bischoffen, Schmales Revier. „Oft kam er an meinem Stall vorbei, wir unterhielten uns über Gott und die Welt“, erzählt Schmale.
Eines Tages habe jener ihm ein Buch geschenkt „Termine mit Gott – 365 Tage mit der Bibel“. Und Schmale begann, Bibeltexte zu lesen, fing mit der Schöpfungsgeschichte an. Dann besuchte er zum ersten Mal wieder einen Gottesdienst. „Das war wie ein Ankommen“, sagt Schmale. Das ist vier Jahre her. Inzwischen ist er Mitglied in der freikirchlichen Gemeinde Gladenbach-Erdhausen. Den Job als Krankenpfleger hat er aufgegeben. Sein medizinisches Wissen nutzt ihm nun bei den Tieren, auch Nachbarn melden sich bei ihm, wenn jemand krank ist. Die Wertschätzung gefällt ihm. „Hirten gehörten ja vom Ansehen her in die unterste Schublade“, sagt Schmale. Dabei sei der Beruf im Alten Testament sehr verbreitet. Abel, Abraham, Isaak oder Jakob waren Hirten. Schmales Lieblingsfigur in der Bibel ist David. Der brachte es vom Hirtenjungen zum König.