In digitalen Medien wird nach Untersuchungen der Bildungsstätte Anne Frank die Geschichte des Nationalsozialismus (NS) umgedeutet, verfälscht und zum Spiel gemacht. In den digitalen Lebensräumen junger Menschen bildeten sich immer stärker Parallelwelten aus, sagte die Direktorin Deborah Schnabel in Frankfurt am Main. Die Konstruktionen von Geschichtsbildern im Netz würden von den Bildungsinstitutionen viel zu wenig aufgegriffen. Die Feinde der Demokratie machten sich dies zunutze.
Holocaust-Leugnung auf Social Media
Die NS-Geschichte erfreue sich in Social Media großer Beliebtheit. Eine offene Leugnung des Holocausts werde zwar in der Regel von den Plattformen gelöscht, sagte die Mitherausgeberin des Digital-Reports „Der Holocaust als Meme“, Eva Berendsen. Aber diese werde auf vielfältige Weise umgangen. So werde etwa auf TikTok und Instagram die Zahl der ermordeten sechs Millionen Juden bestritten, etwa mit der „271k“-Verschwörungserzählung, die behauptet, es seien nur 271.000 Juden getötet worden. Oder das Tagebuch der Anne Frank werde als Fälschung bezeichnet, weil es angeblich mit Kugelschreiber geschrieben sei, was nicht stimmt.
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„Stories of war“ mit einer Viertelmillion Followern und zwei Millionen Likes verherrlichten die Deutsche Wehrmacht und NS-Propaganda. Rechtsextreme junge Influencer, popkulturell geschult, verbreiteten Geschichtsklitterung. AfD-Politiker wie der Bundestagsabgeordnete Maximilian Krah betrieben in Reden und Videos, die im Netz verbreitet werden, Geschichtsrevisionismus. Die im vergangenen Jahr gestorbene Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck werde als „rechte Märtyrerin“ mit Hunderttausenden von Aufrufen verehrt. Der Holocaust verkomme zu einem „Karneval im Netz“, wenn ein Influencer sich als DJ vor dem Bild einer Gaskammer zeige oder Jugendliche sich in einer Challenge wie Holocaust-Opfer schminkten und fotografierten.
KI erstellt verstörende Inhalte zum NS im Netz
Auch Künstliche Intelligenz erstelle Inhalte zum NS im Netz, etwa Bilderfolgen und Animationen, berichtete der Mitautor des Reports, Leo Fischer. Dabei würden falsche Darstellungen und antisemitische Klischees verbreitet. So gebe es Animationen einer sprechenden Anne Frank, die ihr Leben ohne geschichtlichen Kontext, dafür mit historischen Fehlern romantisieren. Ziel sei offenbar, viele Klicks zu erzeugen. Videos zeigten einen sprechenden Josef Mengele, die den SS-Arzt als geläuterte Figur darstellten und eine Täter-Opfer-Umkehr erzeugten. Ein Computerspiel zum Zweiten Weltkrieg, in dem der Holocaust nicht vorkomme, sei auf einer Plattform acht Millionen Mal verkauft worden.