Am 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz wird aller Opfer des Holocaust gedacht. Doch dabei werde eine Gruppe oft vergessen, kritisiert ein Sozialverband.
Der Sozialverband VdK findet, dass Nazi-Opfer mit Behinderung beim Gedenken zu kurz kommen. “Die systematische Ermordung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Behinderung war eine der dunkelsten Stunden in der Geschichte, geprägt von unermesslicher Behindertenfeindlichkeit”, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele der “Rheinischen Post” (Montag).
Die Ideologie der sogenannten Eugenik, der “Lehre von der Verbesserung biologischen Erbgutes”, sei damals tief in die Gesellschaft eingedrungen. Neben der systematischen Ermordung habe dies zu massenhaften Zwangssterilisierungen geführt, fügte Bentele hinzu: “Diese langfristige und tief verwurzelte Behindertenfeindlichkeit wird im Gedenken aus unserer Sicht noch nicht ausreichend wahrgenommen.”
Immer wieder erzählten Menschen, sie hätten erst sehr spät erfahren, “dass in meiner Familie eine Schwester, ein Onkel, eine Nichte mit Behinderung war, die oder der im Nationalsozialismus ermordet wurde”, ergänzte die VdK-Präsidentin.
Als gelungenes Beispiel für die Erinnerung an Nazi-Opfer mit Behinderung verwies Bentele auf das Denkmal der Grauen Busse, das am Montag in der Kulturhauptstadt Chemnitz aufgestellt wird: “Sie erinnern an die so bezeichneten ‘Krankentransporte’, mit denen Menschen mit Behinderungen in Vernichtungsanstalten gebracht wurden. Durch sie wird eindrücklich symbolisiert, dass Menschen aus dem gesamten Reichsgebiet zu ihrer Ermordung gebracht wurden.”
Ganz allgemein sei es wichtig, die Vielfalt der Opfergruppen des Nationalsozialismus im Gedenken abzubilden: “Dies verdeutlicht die allgemeine Menschenfeindlichkeit des Systems und hält uns alle wachsam für neu aufkeimende Menschenfeindlichkeit in der Gesellschaft.”
Der internationale Holocaust-Gedenktag wird am Montag begangen. Am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Truppen das NS-Vernichtungslager Auschwitz. In diesem Jahr jährt sich die Befreiung zum 80. Mal.