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Bad Wilsnacker Wunderblutkirche: Die neu gestalteten Fenster

Leiko Ikemura greift in den neu gestalten Glasfenstern in der Wunderblutkirche unter anderem den Pilgergedanken der Heilung auf.

Die neu gestalteten Glasfenster der Wunderblutkirche
Die neu gestalteten Glasfenster der WunderblutkircheMarina Mai

Das kräftige Rot sticht ins Auge. Sanfte Blitze durchdringen es, die Farben fließen ineinander und ­lassen bewegte Figuren ahnen. Überwiegend rot und den Formen der schiefen mittelalterlichen Rahmen angepasst sind die neuen Fenster der Wunderblutkirche in Bad Wils­nack, gestaltet von der Berliner Künstlerin Leiko Ikemura. Sie wurden am Pfingstmontag ­feierlich eingeweiht.

Wallfahrtsort im Mittelalter

Rot ist die Farbe des Feuers und des Blutes. Beides spielt in der Legende, die Bad Wils­nack im Mittelalter zum Wallfahrtsort machte, eine zentrale Rolle: Angeblich sollen drei geweihte Hostien einen Großbrand im Jahre 1383 überstanden und danach eine blutrote Farbe ­ange-nommen haben. Sie galten als Wunder und aus halb Europa pilgerten Menschen nach Wilsnack. Beim Betrachten und Anbeten der Hostien suchten sie Heilung von Krankheiten und Vergebung ihrer Sünden.

Ein Ort der Spiritualität, neu interpretiert

Leiko Ikemura hatte schon früher in Kirchen ausgestellt, doch die Gestaltung der Glasfenster biete ihr die Chance, mit ihrer Arbeit auf Hunderte von Jahren im Kirchenraum präsent zu sein, einen „Ort der ­Spiritualität neu zu interpretieren“, sagte sie. Auch den Gedanken der Heilung, die zur Geschichte des Pilgerns gehört und die in dem Kurort heute wieder eine große Rolle spielt, habe sie in den sieben Glasfenstern aufgegriffen. Es ist die erste Glasmalerei der 1951 in Japan geborenen Künstlerin, die auch an der Universität der Künste in Berlin lehrt. „Das ist ein altes Material, das Künstler in den letzten Jahren wieder neu entdeckt haben“, sagte Leiko Ikemura bei der Einweihungsfeier.

Bischof Christian Stäblein sagte in seiner Laudatio, dass die ­Wunderblutkirche eine von drei Kirchen sei, die auf einem Bild in seinem Büro zu sehen seien. „Rot leuchtet die Wunderblutkapelle“, freute er sich. „Dazu das blaue Fenster für den Kosmos.“ Er beneide die Menschen, die dies ab jetzt jeden Morgen erleben dürften. „Das Fenster, vom Licht erstrahlt, öffnet unsere Herzen“, so drückte es Pfarrerin Anna Trapp aus. Das Licht, das mit den neuen Fenstern so ganz anders wirke, bringe „auf besondere Weise die Spiritualität dieses Ortes zum Leuchten“.

Der Ort brauchte etwas Geheimnisvolles

Christian Richter vom Gemeindekirchenrat erzählte, wie die Überlegung zu den neuen Kirchenfenstern entstand: Vor sechs Jahren erhielt er den ­Anruf einer Frau, die eines Abends ver­sehentlich in der Kirche eingeschlossen worden war. Genauer: in der Wunderblutkapelle, in der im ­Mittelalter die Hostien aufbewahrt wurden. Heute steht dort nur noch der leere Holzschrank, das Ambiente wirkte schmucklos. Beide diskutierten darüber, was ihrer Generation anvertraut wurde für diesen Raum, der so leer sei. Man war sich einig, dass der Ort etwas Geheimnisvolles brauche.

So wurde die Idee eines Kunstwettbewerbes geboren, den die Sparkasse Prignitz und die Ostdeutsche Sparkassenstiftung finanzierten. Eine Jury aus Vertretern der Region und überregionalen Kunstsachverständigen wählte schließlich die Arbeiten der Berlinerin Leiko Ikemura aus.

Christian Richter gab auf der Einweihungsfeier auch „einen Fingerzeig in Richtung Potsdam und Berlin“: Wenn das Land Brandenburg, die Landeskirche und Bundesinstitutionen wollten, dass ein Bauwerk wie die Wunderblutkirche in Bad Wilsnack täglich für Touristinnen und Touristen geöffnet sei, dann müssten sie entsprechend für die Personalmittel sorgen. Derzeit werde nur aus Mitteln des Kirchenkreises eine Teilzeitstelle dafür ­finanziert, alles andere laufe, wenn überhaupt, über das Ehrenamt.

Willkommenskultur für Gäste von nah und fern

Die Kirche einfach zu öffnen, wie es viele kleinere Kirchen tun, funktioniere im Fall der Wunderblutkirche nicht, sagt Richter. Es bestehe die Gefahr des Diebstahls bedeutender Kunstwerke. „Das Gästebuch zeigt auch, dass unsere Gäste hier eine Willkommenskultur erwarten.“ Das ehrenam­tliche Engagement liege zudem auf den Schultern sehr weniger Menschen und das funktioniere nicht mehr lange. Bleibt zu hoffen, dass sich eine Lösung findet, denn nun bieten die sieben neu ­gestalteten Kirchenfenster einen weiteren guten Grund für eine Reise nach Bad Wilsnack.

Die Wunderblutkirche in Bad Wilsnack ist in der Regel geöffnet: Di 13–16 Uhr, Mi–Sa 10–16 Uhr, So 11–16 Uhr. Mo geschlossen. Es ist ratsam, vor einem Besuch telefonisch mit den Mitar­beitenden der Offenen Kirche Kontakt aufzunehmen, Telefon: 0174/4568789. Unter dieser Rufnummer können auch Kirchenführungen gebucht werden.

Weitere Informationen unter www.wunderblutkirche.de