In Baden gibt es schon länger einen Frauenpilgerweg, nun hat er eine württembergische Schwester bekommen. Im Endausbau soll der Evangelische Frauenpilgerweg in Württemberg mit dem Namen „Pilger.Schön“ durch alle 44 evangelischen Kirchenbezirke in Württemberg führen. „Wir haben das einmal in der Luftlinie vermessen und kamen auf 1.400 Kilometer“, sagte die Projektreferentin Alina Köder. Weil aber der Pilgerweg an vielen interessanten Frauenorten vorbeiführen soll, rechnet sie am Ende eher mit etwa 3.000 Kilometern.
Der „Ausbau“ wird allerdings in der Landschaft nicht zu sehen sein. Für eine Markierung wären unzählige Genehmigungen nötig, unter anderem von den jeweiligen Förstern, die Beschilderung müsste zudem immer wieder überprüft und aktualisiert werden. Daher wird mit einem Pilgerführer gewandert, der online zur Verfügung steht und Abschnitt um Abschnitt ergänzt wird. Die erste Etappe von Aichtal-Neuenhaus (Kreis Esslingen) nach Nürtingen geht in Kürze online. Parallel werden Pilgerführerinnen ausgebildet, die Gruppen anleiten können.
Der Name der Kirche in Aichtal-Neuenhaus, „Zu unserer Lieben Frau“, passe bestens zu ihrem Projekt, befanden die Evangelischen Frauen in Württemberg. Auch die Lage mitten im Land sei optimal. Deshalb wurde diese Kirche zum Startpunkt der Spirale erwählt, die in mehreren Kreisen durch Württemberg führt und schließlich am Bodensee endet.
Es ist eine linksdrehende Spirale, also ein spirituelles Symbol für die Einkehr. Was dem Jakobspilger seine Muschel ist, ist der „Pilger.Schön“-Pilgerin das Holzplättchen mit eingebrannter Spirale, die den künftigen Wegverlauf darstellt. Es dürfen natürlich auch Männer pilgern, die sich für Geschichten von starken Frauen interessieren.
Wie vielseitig diese starken Frauen waren und sind, erlebten beim Eröffnungspilgern rund zwanzig Frauen und fünf Männer. Bei Aichtal-Aich hat eine Nürtinger Bildhauerin gemeinsam mit geflüchteten jungen Männern ein Steinkunstwerk aufgestellt. Die Aufschrift „Bei dir Gott ist die Quelle“ ist dort auch in Arabisch zu lesen. Die Chorfenster der Albanuskirche in Aich hat im Jahr 1963 die Künstlerin Gudrun Müsse Florin geschaffen. Sie wurde 1935 geboren, lebt am Fuße der Pyrenäen und ist noch heute künstlerisch aktiv.
Der nächste Stadtteil, Aichtal-Grötzingen, ist einer der Geburtsorte des Frauenfußballs. Dort wurde als Pioniertat eine sehr erfolgreiche Frauenmannschaft gegründet, die als Hobby-Mannschaft noch heute besteht. Was sagten damals die Herren dazu? „Ihnen gefiel das“, sage die Pilgerexpertin Beate Steger. „Es gab viele Fußballehen und Fußballkinder.“
Zum Projekt „Pilger.Schön“ gehören auch Schreibwerkstätten. Bei einer solchen hat die 81-jährige Christa Evermann formuliert, was ihr das Pilgern bedeutet: Offen werden für alles Neue, für Begegnungen. Den Blick weiten für alles, was blüht, krabbelt, kriecht und fliegt. Dankbarkeit empfinden, Schritt für Schritt. Aber auch immer wieder ankommen: bei sich selbst, am Ziel, bei Gott.
Bis der neue Frauenpilgerweg am Bodensee ankommt, wird es noch ein wenig dauern, das Projekt wurde schließlich erst im Mai 2023 gestartet. Die Weiterführung ab Nürtingen ist aktuell in Planung, sie soll durchs Tiefenbachtal nach Owen führen und von dort auf steilem Weg hinauf zur Burg Teck. Dort hauste einst, tief unten im Sibyllenloch, die schöne und weise, weissagende und wohltätige Sybille von der Teck – wenn auch nur als Sagengestalt.
„Pilger.Schön“ ist ein Mitmachprojekt. Frauenorte gebe es überall zu finden, ist Köder überzeugt. Ein Tal vor einer Stadt heiße Frauental, Straßen wurden nach bedeutenden Frauen benannt oder ein sonderbares altes Grab auf dem Friedhof sei die letzte Ruhestätte einer Frau. Wer so etwas kenne, den fordern die Evangelischen Frauen in Württemberg auf: „Dann schreib uns! Lass uns von Deinem Frauenort wissen. Werde so Teil des Projektes und rücke Frauen ins Licht.“ (2313/28.09.2023)