Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um Flucht und Migration hat der Geschäftsführer des niedersächsischen Flüchtlingsrats, Kai Weber, davor gewarnt, das Thema für politische Kampagnen zu missbrauchen. Die Zahl der Asylbewerber habe sich nicht verändert, sondern der Blick darauf, sagte Weber dem Magazin „Evangelische Perspektiven“ der Landeskirche Braunschweig. Asylbewerber machten unter den Migranten bis zu 15 Prozent pro Jahr aus. Neben Migranten insbesondere aus europäischen Staaten seien mehr als 40 Prozent der Zuwanderer im vergangenen Jahr ukrainische Flüchtlinge gewesen.
Die öffentliche Debatte um Asyl hänge im Wesentlichen mit den Bedingungen zusammen, die für Asylbewerber gelten, unterstrich Weber. Allein aus Rumänien seien im vergangenen Jahr etwa so viele Menschen nach Deutschland gekommen, wie aus allen Ländern der Welt zusammen als Asylsuchende. „Hier gibt es keine großen Diskussionen oder Beschwerden aus den Kommunen.“ Eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer seien in Deutschland ohne große politische Diskussionen untergekommen.
Wenn allerdings ein in Niedersachsen zugewiesener Flüchtling eine Großmutter in Nordrhein-Westfalen habe, dürfe er nicht zu ihr ziehen, sondern müsse in einem niedersächsischen Lager bleiben, kritisierte der Geschäftsführer. Den Ukrainern sei so etwas nicht auferlegt worden. „Wenn man es Asylsuchenden verweigert, sich selbst eine Existenz aufzubauen, und ihnen ein Arbeitsverbot erteilt, dann muss man sich nicht wundern, dass es zu Problemen kommt.“
Viel müsse sich ändern, kündigte Weber an. So sollten Asylbewerber sich über Freunde und Verwandte selbst eine Unterkunft suchen dürfen. „Sie brauchen früh Zugang zu Deutschkursen, Ausbildung, Arbeit.“ Im allgemeinen Blick auf die Migration sei es wichtig zu erkennen, dass die überalterte deutsche Gesellschaft auf Zuwanderung angewiesen sei und damit auch seit Jahrzehnten gut lebe.