Künstler, Intellektuelle und Frauenrechtler wollen am Samstag gegen neue Pläne von Präsident Javier Milei protestieren. Der will – unter anderem – den Straftatbestand des Femizids aus dem Strafgesetzbuch streichen.
Argentiniens Justizminister Mariano Cuneo Libarona ließ keinen Zweifel am Vorhaben der libertär-konservativen Regierung von Präsident Javier Milei: “Wie der Präsident in Davos sagte, ist der Feminismus eine Verzerrung des Gleichheitskonzepts.” Der Feminismus strebe nur nach Privilegien, indem er die eine Hälfte der Bevölkerung gegen die andere aufbringe, erklärte der Minister. Den Nutznießern warf er vor, Frauen zu benutzen, “um sich die Taschen zu füllen”. Dabei seien vor dem Gesetz alle Menschen gleich.
Eine Konsequenz daraus soll sein: “Wir werden den Begriff des Femizids aus dem argentinischen Strafgesetzbuch streichen.” Kein Leben sei mehr wert als das andere. In Argentinien gibt es für Morde an Frauen seit 2012 den erschwerenden Straftatbestand des Femizids, der für Täter ein höheres Strafmaß vorsieht. Die Regierung Milei sieht darin eine “positive Diskriminierung”. Ob die Streichung so einfach gelingt, muss nun das Parlament entscheiden.
Seine Rede kürzlich beim Weltwirtschaftsforum in Davos nutzte Milei nicht – wie üblich – zu einem ökonomischen Ausblick, sondern zu einer gesellschaftspolitischen Abrechnung mit “dem Krebs der Woke-Ideologie”.
Im eigenen Land hat das eine heftige Debatte ausgelöst, die zu einem “antifaschistischen” Protestmarsch am Samstag führen wird. Dazu hat die linksgerichtete Opposition mit Unterstützung aus der Kulturszene aufgerufen. Auch der Gouverneur der bevölkerungsreichen Provinz Buenos Aires, Axel Kicillof, hat seine Teilnahme angekündigt. Er gilt als Mileis möglicher Gegenkandidat bei den Präsidentschaftswahlen 2027.
Die Zeitung “La Nacion” berichtete, Dutzende Musiker, Schriftsteller und Intellektuelle hätten sich der Protest-Initiative angeschlossen. “Keinen Schritt zurück”, postete zum Beispiel Musiker Pedro Aznar in den Sozialen Netzwerken. Sängerin Julia Zenko schloss sich mit einem Appell für “Liebe, Respekt und Vielfalt” an.
Bislang hatte Milei mit seinem marktradikalen Kurs international für Schlagzeilen gesorgt. Laut Umfragen steht eine Mehrheit hinter den ökonomischen Reformen. Ob sie das auch bei den gesellschaftspolitischen Themen tut, bleibt abzuwarten. Der Ökonom Milei wurde in erster Linie wegen seiner Wirtschaftskompetenz gewählt, weniger wegen seiner gesellschaftspolitischen Ansichten.
Angesichts der heftigen Reaktionen nach der Davos-Rede versuchte Regierungssprecher Manuel Adorni bei einer Pressekonferenz, die Wogen zu glätten. Der Präsident habe den Feminismus als Verteidigung der Frauen nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Abgelehnt werde nur das Geschäft mit dem Feminismus, hinter dem einige wenige steckten. Um Frauen gehe es dabei im Grunde gar nicht.
Javier Milei ist seit Dezember 2023 im Amt und setzte zunächst eine Reihe radikaler Wirtschaftsreformen durch. Dadurch sank die monatliche Inflation von 25 auf unter drei Prozent. Zudem konnte das hochverschuldete Land wieder Haushaltsüberschüsse einfahren. Der Wert des argentinischen Börsenindex Merval verdoppelte sich fast. Der Reformkurs ist allerdings bei Sozialorganisationen und der Kirche wegen der drastischen Einschnitte umstritten, die der Bevölkerung einiges abverlangen.