Am ersten Tag ihrer zweitägigen Herbstsynode in Bernburg hat sich die Evangelische Landeskirche Anhalts am Freitag mit ihren Zukunftsperspektiven befasst. Während Kirchenpräsident Joachim Liebig die Selbstständigkeit der kleinsten Landeskirche in Deutschland bekräftigte, stimmte die Finanzdezernentin, Oberkirchenrätin Franziska Bönsch, die Kirchenparlamentarier auf finanziell schwierige Zeiten ein. Auch über die Zukunft der Gemeindearbeit haben die Synodalen diskutiert.
Bönsch bezeichnete den aktuellen Haushaltsüberschuss als „letztes Wetterleuchten am See“. Prognosen zufolge erwartet die Landeskirche für die kommenden Jahre ein Haushaltsdefizit. Der Fehlbetrag soll demnach bis 2026 auf knapp 923.000 Euro steigen. Für die Folgejahre bis 2030 wird ein Abschmelzen des Defizits auf etwa 250.000 Euro erwartet. Einen Überschuss soll es laut den Prognosen letztmalig 2024 geben.
Demnach sollen bis 2027 die Erlöse aus der Kirchensteuer von derzeit 5,7 Millionen Euro auf rund 6,2 Millionen Euro steigen. Danach wird ein Rückgang auf etwa sechs Millionen Euro im Jahr 2030 prognostiziert. Eine verlässliche Einnahmequelle bleiben die Staatsleistungen. Sie sollen den Angaben zufolge von derzeit 3,7 Millionen auf knapp 4,5 Millionen Euro im Jahr 2030 steigen.
Zugleich werden die Zahlungen aus dem Finanzausgleich innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in den kommenden Jahren deutlich zurückgehen. Laut Bönsch ist von 2026 bis 2030 ein Abschmelzen der Zahlungen um insgesamt zehn Prozent gegenüber dem Wert von 2025 geplant. Erhält die anhaltische Kirche in diesem Jahr noch rund vier Millionen Euro von anderen Landeskirchen, geht dieser Betrag demnach bis 2030 auf gut 3,2 Millionen Euro zurück.
Kirchenpräsident Joachim Liebig setzt indes weiterhin auf die Eigenständigkeit der Landeskirche. „Nach meiner persönlichen Überzeugung wäre die fortdauernde Selbstständigkeit sogar ohne Fremdmittel anderer Kirchen die bessere Alternative“, sagte der Leitende Geistliche in seinem letzten Synodenbericht. Liebig tritt zum 1. März 2024 altersbedingt in den Ruhestand.
Die anhaltische Landeskirche ist mit derzeit rund 26.250 Mitgliedern die kleinste innerhalb der EKD. Ihre Selbstständigkeit ist Liebig zufolge kein Mantra, sondern sei die Antwort auf die Frage, wie die anhaltischen Gemeinden unter geltenden Rahmenbedingungen möglichst gut arbeiten könnten.
Liebig ging auch auf die sechste bundesweite Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung ein, die vor wenigen Tagen vorgestellt wurde. Es werde deutlich, dass immer mehr Menschen in Deutschland keinen Bezug mehr zur Religion hätten. Derzeit werde dieser Anteil bundesweit auf 40 Prozent geschätzt. „Für uns im Osten ist das nicht unvertraut, wir leben und arbeiten damit“, sagte der Kirchenpräsident. Zugleich erwarteten zahlreiche Menschen viel von der Kirche als Institution.