Als Rückblende über vier Jahrzehnte erzählt das Drama von einer französischen Büroangestellten. Ende der 1950er-Jahre beginnt sie eine Affäre mit einem Mann und kämpft um dessen Anerkennung der gemeinsamen Tochter.
In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:
Rachel Steiner (Virginie Efira) ist eine Büroangestellte, Philippe Arnold (Niels Schneider) der Sohn einer reichen Familie. Beide verstehen sich jedoch auf Anhieb gut und gehen eine Liebesaffäre ein, auch wenn Philippe unmissverständlich klarmacht, dass er niemals zu heiraten gedenkt.
Als Rachel 1959 ihre gemeinsame Tochter zur Welt bringt, lehnt der Vater es auch ab, das Baby offiziell anzuerkennen. Viele Jahre versucht Rachel, Philippe umzustimmen, doch dieser entzieht sich der Verpflichtung, bis Chantal bereits im Teenager-Alter ist.
Mit einem Mal sucht er den Kontakt, was die Tochter angesichts ihrer gemeinsamen Interessen begeistert, die bis dahin enge Beziehung zur Mutter aber in eine Krise geraten lässt. Die sich auch nicht mehr dadurch aufhalten lässt, dass die positive Zweisamkeit von Philippe und Chantal nicht von langer Dauer ist.
Die Französin Catherine Corsini inszenierte ihre Verfilmung eines Romans von Christine Angot 2018 als Rückblende über vier Jahrzehnte hinweg, bei der Chantal in einer Mischung aus Nüchternheit und Schuldbewusstsein das mütterliche Schicksal aufrollt. Der einfühlsam und elegant inszenierte Film greift die gesellschaftlichen Schieflagen zwischen den Geschlechtern auf und nimmt mit komplexen, subtil interpretierten Figuren für sich ein.
L A N G K R I T I K
Ein Rummelplatz ist ein guter Ort, um Gefühle freizusetzen. Dort scheint so manche Liebesoffenbarung leichter zu fallen als an profaneren Plätzen, so auch bei Philippe Arnold. Der Sprössling einer wohlhabenden Familie nutzt den Besuch auf dem Rummel, um mit seiner Freundin Rachel offen über seine Zukunftspläne zu sprechen. Die sehen vor allem Vergnügen vor; Arbeit spielt weniger eine Rolle, Frauen jedoch durchaus, was Rachel potenziell einschließt. Freilich nur, sofern es für Philippe keine Verbindlichkeiten bedeutet.
Zu diesem Zeitpunkt hat der Film “An Impossible Love” von Catherine Corsini die Beziehung von Rachel Steiner und Philippe Arnold noch nicht lange verfolgt, doch weiß Rachel an sich bereits, woran sie mit ihrem Liebhaber ist. Ihren Katholizismus verachtet er ebenso wie die jüdische Herkunft ihres Vaters; er korrigiert ihre Aussprache und übernimmt es, die Büroangestellte an Bücher und Filme heranzuführen.
Wenige Wochen nach dem Rummelplatz-Ausflug entdeckt Rachel, dass sie schwanger ist. Doch mit dieser Frucht ihrer Beziehung will Philippe sich nicht befassen. Als ihre Tochter Chantal Anfang 1959 geboren wird, steht dementsprechend “Vater unbekannt” in der Geburtsurkunde, und Philippe entzieht sich jedem Drängen, sein Kind anzuerkennen. In den folgenden Jahren taucht er gelegentlich bei Mutter und Tochter auf und verbringt ein paar Stunden mit beiden, um dann wieder zu seinem angenehmen ungebundenen Leben zurückzukehren.
Corsinis Drama nach einer Roman-Vorlage von Christine Angot spannt das Schicksal von Rachel über die folgenden Jahrzehnte auf. Auf das Glück, als das sie den Beginn der Beziehung mit Philippe auch nach vielen Jahren noch und trotz aller schlechten Erfahrungen weiterhin bezeichnet, folgt eine lange Phase der Zurückweisung. Mitunter antwortet Philippe monatelang nicht auf Briefe oder ändert die Adresse. Einige Jahre darauf heiratet er gegen alle Ankündigungen dann doch, weil er erneut eine Frau geschwängert und deren (reicher) Vater auf der Ehe bestanden hat.
Corsini zeigt die gesellschaftlich etablierte Ungleichheit von Mann und Frau in den 1960er- und 1970er-Jahren einfühlsam. Dazu trägt neben der subtilen Leistung von Rachel-Darstellerin Virginie Efira die Inszenierung des Verhältnisses zwischen Mutter und Tochter bei, die zunächst gut zu zweit zurechtkommen. Beide scheinen keine größeren finanziellen Probleme zu haben oder gesellschaftlich ausgegrenzt zu werden.
Mit Anfang vierzig rollt Chantal ihre Geschichte auf, wobei ihr Erzählton geprägt ist von eigenem Schuldbewusstsein und von großmütigem Verständnis für ihre Mutter. Sogar einschneidende Ereignisse im Leben von Chantal werden nicht direkt abgebildet, sondern aus Sicht der davon erfahrenden Mutter. In der konsequenten Haltung des Films erscheint aber auch diese Entscheidung stimmig – schließlich ist “An Impossible Love” eindeutig als Abbitte angelegt, das mütterliche Bemühen nicht früher mehr geschätzt zu haben.
Umgesetzt ist Chantals Rückblick in blässlichen Farben, die dem Film eine leichte Fotoalbum-Ästhetik geben; die Jahre zwischen den Szenen überbrücken melancholische Klavier- und Streicher-Passagen. Nostalgisch wird es jedoch nie, dafür besitzt die Erzählung zu viel an dramatischem Gewicht. Insbesondere gilt das für Chantals Beziehung zu ihrem Vater, die mit ihren Teenager-Jahren plötzlich enger wird.
Der Mutter bringt dies zunächst vor allem die Erkenntnis, dass sie bei aller Freude über diese Entwicklung darunter leidet, von der Zweisamkeit ausgeschlossen zu sein. Im Glauben, diese sei harmonisch, wird sie von Enthüllungen über das Gegenteil überrumpelt.
Bis zum Ende bleibt das Drehbuch dabei, die Figuren und ihren Umgang komplex zu halten, was dem Film sehr zugutekommt. Mit hoher Präzision agieren vor allem die Darstellerinnen – Virginie Efira sowie unter den verschiedenen Chantal-Interpretinnen insbesondere Estelle Lescure (in den Teenager-Jahren) und Jehnny Beth (als Erwachsene) -, doch auch Niels Schneider kann die Anziehungskraft von Philippe noch glaubhaft machen, wenn sich dieser moralisch längst diskreditiert hat.