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Alles nur Weicheier?

Die A-cappella-Band Wise Guys, die ganz ohne Frauen auskommt, macht melodiöse Musik ohne harte Rock-Rhythmen. Viele Geschlechtsgenossen finden das nicht männlich genug. Die Frauen aber mögen‘s, sagt Texter, Sänger und Komponist Daniel Dickopf.

Aus fünf Männern besteht die Kölner A-cappella-Band Wise Guys. Viele Menschen kennen sie von Kirchentagen, wo sie erstmals 2005 in Hannover auftraten. Über die Zusammenarbeit in der Band, über Frauen im Publikum, über ihr „Weichei“-Image und Junggesellenabschiede sowie über generelle Männerthemen sprach Bernd Becker mit Daniel Dickopf, Sänger, Texter und Komponist der Band.

Die Wise Guys sind als reine Männer-Band unterwegs. Wäre etwas anders, wenn Frauen dabei wären?

Das wäre definitiv anders. Es ist ja immer dünnes Eis, wenn man über dieses Thema spricht. Es sind in den vergangenen Jahren ja mehrfach Sänger bei uns ausgestiegen. Einen Bass kann eine Frau dann einfach nicht ersetzen; aber wir wurden schon hier und da gefragt: Warum nehmt ihr nicht mal eine Frau dazu? Da haben wir alle gesagt: Nein, möchten wir nicht. Das hat natürlich den Grund, dass die Wise Guys einfach immer ohne Frauen waren. Aber es gibt schon auch ein paar Dinge, die unkomplizierter scheinen, wenn nur Männer unterwegs sind. Ganz praktisch zum Beispiel: Man braucht nur eine Garderobe. Da müsste man sonst in Schichten arbeiten (lacht). Natürlich würde man für so etwas Lösungen finden, aber wir haben mit fünf Männern auch schon mal die Möglichkeit, Sprüche zu machen, von denen man nicht möchte, dass die eine Frau hört in dem Moment. Dass man halt einfach rumblödelt und witzelt und man weiß: Wer das sagt und wer das hört, der kann das einordnen. Wir hatten vor Jahren bei einigen Auftritten Tänzerinnen dabei und da haben wir schon gemerkt, dass wir uns etwas anders verhalten haben. Ich will das aber nicht zu hoch hängen. Ich glaube, es ist in erster Linie die Gewöhnung. Es gibt zum Beispiel die A-cappella-Gruppe „LaLeLu“ in Hamburg – da ist es wohl gar kein Problem, denn die kennen das gar nicht anders. Aber ich persönlich habe es eben nie so kennengelernt.

 Kommen eigentlich mehr Frauen oder mehr Männer zu den Konzerten der Wise Guys?

 

Etwas mehr Frauen. Ich würde sagen im Verhältnis 60 zu 40. Man hört häufiger mal, dass Frauen sagen, ihr Partner mag es einfach gar nicht. Aber oft kommen auch ganze Familien, und der „Papa“ ist dann ganz begeistert. Viele Männer lehnen A-cappella-Musik halt irgendwie ab. Für sie hat das wohl so ein Weichei-Image. Es ist eben kein Rock, es sind keine harten Gitarren dabei, es ist nicht männlich genug. Frauen sind oft spontaner und sagen: Ich guck mir das mal an, ob es mir gefällt. Männer wollen sich erstmal informieren.

 Haben die Wise Guys bestimmte Lieder über Männer oder Männerthemen?

Bei dem Song „Küss mich“ kam es uns komisch oder ungalant vor, dass ein Mann sagt: „Küss mich“. Männer und Frauen haben ja so verschiedene Images, und das geht für uns in eine unangenehme Richtung, wenn das ein Mann singt. Daher kam die Idee, dass das eine Frau singen sollte. In diesem Fall Jasmin Wagner, früher bekannt als Blümchen. Ansonsten geht es in unseren Songs oft um Männer und Frauen. Der Song „Jeden Samstag“ erzählt zum Beispiel davon, dass das Rudelverhalten von Männern und Frauen ziemlich ähnlich ist. Ich finde übrigens das Ausufern von Junggesellen- und Junggesellinnen-Abschieden furchtbar und stelle fest, wie ähnlich das abläuft. Da gibt es gar nicht so große Unterschiede. Da möchte ich auch gern mal einen Song drüber machen. Und in der Bahn ist es genauso: Alkoholisierte Frauengruppen in der zweiten Klasse sind nicht viel angenehmer als Fußballfans.

Gibt es unterschiedliche Rückmeldungen auf die Wise Guys-Songs von Frauen beziehungsweise Männern?

Man bekommt grundsätzlich mehr Feedback von Frauen als von Männern. Unser Song „Dankbar für die Zeit“ handelt von einem Menschen, der verstorben ist – da gab es mehr Reaktionen von Männern. Es sind eher die tiefgängigen, traurigen Lieder, die Männer ansprechen. Weil sie da vielleicht eine Musik und eine Sprache finden, die sie selbst nicht so äußern können.

Haben die fünf Wise Guys verschiedene Rollen auf der Bühne?

Es haben sich im Laufe der Jahre schon gewisse Rollen entwickelt. Auch in der Wahrnehmung der Fans. Das war natürlich nicht geplant, weil die Wise Guys ja aus einer Schülerband hervorgegangen sind und nicht gecastet wurden. Wir haben auf der Bühne und neben der Bühne Rollen gefunden. Ich werde zum Beispiel als der wahrgenommen, der die Moderationen macht, die ja ein wichtiger Bestandteil unserer Show sind – und der eben die Songs schreibt. Bei Sari kommt gut an, wie er sich bewegt auf der Bühne. Nils wird als Energiebündel und als der Fröhliche gesehen, der auch eine wunderbare Stimme hat. Und Eddie ist auf der Bühne so ein bisschen der Verrückte, der abgedrehte Sachen macht und auch besondere Lieder schreibt, zum Beispiel „Buddy Biber“. Das sind Songs, an denen wir zum Teil wochenlang proben müssen. Unser neuer Bass, Björn Sterzenbach, ist ja erst kurz dabei und wird seine Rolle noch finden. Er ist auf jeden Fall ein Bühnenmensch und fühlt sich wohl vor Publikum.

Wie kam es zu dem Song „Zu spät“, in dem es um das Verhältnis der Wise Guys zu den Frauen geht?

Wenn man auf der Bühne steht, hat man viele Leute, die einen bewundern. Die Emotionen, die da frei werden, können dazu führen, dass sich jemand auch persönlich für einen interessiert; dass Frauen meinen, dass sie einen besonders mögen oder sogar lieben. Der Song entstand, weil Eddie eine zeitlang Single war und wir schon einen gewissen Erfolg hatten. Er war auf der Suche, aber nichts klappte – er fand keine Freundin. Und es war bei uns allen so, dass wir eine zeitlang das Gefühl hatten: Wir haben relativ selten gut aussehende Frauen im Publikum. Und wenn mal eine schöne Frau im Publikum war, dann war sie nach dem Konzert immer schon weg. Irgendwann kam dann eine Veränderung: Es kamen immer mehr gut aussehende Frauen, und es war auch immer häufiger so, dass einige von ihnen nachher noch blieben. Und dann kam halt die Idee, das ironisch und unterhaltsam aufzugreifen – denn dann waren wir alle schon vergeben.

Vereinbarkeit von Job und Familie – geht das als Wise Guy?

Wenn dieses Interview vorbei ist, fahre ich zu einem Schul-Fußball-Turnier meines Sohnes. Heute ist keine Probe und kein Konzert. Welcher „normale Vater“ kann mittags seinem Sohn beim Kicken zugucken? Und als Selbstständige haben wir auch den Luxus, unsere Urlaubszeiten selbst planen zu können. Da wir das ganze Jahr über sehr fleißig sind, können wir uns zum Beispiel die Schulferien großzügig freihalten. Auch da: Welcher Vater hat so viel Zeit in den Ferien? Was allerdings ein großer Nachteil ist: Die meisten Wochenenden fallen für die Familie weg, da haben wir Konzerte. Das ist natürlich für die Kinder traurig. Wir haben in der Band stattdessen eine Art „Wochenende am Montag und Dienstag“ eingerichtet. Die beiden Tage sind für uns sowas wie heilig. Ich will es mir nicht zu schön reden, aber ich habe das Gefühl, dass sich das dadurch alles ein bisschen ausgleicht. Ich kenne Väter, die gehen Montag bis Freitag früh aus dem Haus und kommen abends spät heim. Da sind dann die Kleinen oft schon im Bett. Die sehen ihre Kinder in der Woche kaum. Wenn ich das betrachte, bin ich froh, dass es bei mir so ist wie es ist. Allerdings hatten wir neulich eine ungewöhnlich lange Tour, bei der es auch nach Österreich und Südtirol ging. Da war ich zwölf Tage weg. Das ist natürlich hart. Da haben meine Jungs auch gegen Ende gesagt: Wir vermissen dich wirklich sehr.