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70 Länder auf neuem Gedenkstein im KZ-Neuengamme

Mit einem neuen Gedenkstein soll in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme künftig an Gefangene aus 70 Herkunftsländern erinnert werden. Nach der zentralen Gedenkfeier zum 80. Jahrestag des Kriegsendes und der Befreiung der Häftlinge am Sonnabend soll das neue Gedenkzeichen am Sonntagvormittag eingeweiht werden. „Der neue Gedenkstein nennt 70 Länder in der jeweiligen Landessprache“, sagte Oliver von Wrochem, Vorstand der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen. Die kreisförmige Platte mit einem Durchmesser von drei Metern wird das Internationale Mahnmal von 1965 ergänzen.

Das neue Gedenkzeichen berücksichtige die veränderte Staatenbildung nach 1989/1990 und mache auch Opfergruppen aus Ländern sichtbar, die bisher nicht repräsentiert wurden, wie die Stiftung mitteilte. „Die Ergänzung der historischen Anlage von 1965 möchte der heutigen Wahrnehmung der Länder entsprechen und ein multinationales Gedenken ermöglichen“, sagte von Wrochem. Zuvor hatte das ukrainische Generalkonsulat in Hamburg immer wieder kritisiert, dass das Internationale Mahnmal nur eine Platte für die Sowjetunion, aber keinen Stein für die seit 1991 unabhängige Ukraine habe.

Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 wurde die Kritik lauter: „Ein gemeinsames Gedenken postsozialistischer Staaten an den Zweiten Weltkrieg unter dem Zeichen der ehemaligen Sowjetunion scheint nunmehr unmöglich“, sagte von Wrochem. Die Unterordnung der Ukraine unter „Sowjetunion“ sei für Betroffene nicht mehr zumutbar und konfrontiere diese mit historischen und gegenwärtigen Kriegserfahrungen. Das sei mit dem neuen Mahnmal vorbei.

Auf der runden Platte seien die Ländernamen in Form einer Spirale angeordnet. Dadurch scheint es, als seien die Länder miteinander verbunden, zugleich gebe es keine Hierarchie, alle Namen hätten die gleiche Größe, hieß es. Neben postsozialistischen Staaten wie die Ukraine oder Slowenien wurden Länder des afrikanischen und asiatischen Kontinents aufgenommen. Für die 70 Ländernamen sind laut Stiftung etwa 23.000 verfügbare Datensätze zu ehemaligen Häftlingen und ihren Geburtsorten ausgewertet worden.

Bislang gab es beim Internationalen Mahnmal 22 Gedenksteine, die 26 Herkunftsländer der Häftlinge nennen. Insbesondere die Länderplatte mit den damaligen sozialistischen Staaten Sowjetunion („CCCP“), Jugoslawien („Jugoslavija“) und Tschechoslowakei („CSSR“) spiegeln die damalige politische Landkarte wider. Das denkmalgeschützte Mahnmal wurde 1965 auf Initiative der „Amicale Internationale KZ Neuengamme“ errichtet und bleibt neben der neuen Platte erhalten.

Das KZ Neuengamme war das größte nationalsozialistische Konzentrationslager in Nordwestdeutschland. Mehr als 100.000 Menschen aus ganz Europa waren im Hauptlager und in über 85 Außenlagern inhaftiert. Mindestens 42.900 von ihnen kamen nachweislich ums Leben. Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme ist eine der größten Gedenkstätten in Deutschland.