Seit 30 Jahren sind in den Kommunen Nordrhein-Westfalens Bürgerbegehren und -entscheide möglich. Der Verein „Mehr Demokratie“, der sich in den Bundesländern für diese Verfahren einsetzt, zog am Mittwoch in Düsseldorf eine positive Bilanz. Annähernd 1.000 Bürgerbegehren seit 1994 seien eine „Erfolgsgeschichte“, sagte der NRW-Geschäftsführer von Mehr Demokratie, Achim Wölfel.
Mit dieser Zahl liegt das bevölkerungsreichste Bundesland damit den Angaben zufolge im bundesweiten Vergleich im oberen Drittel. Aus allen auf den Weg gebrachten Bürgerbegehren resultierten seit 1994 mehr als 300 Bürgerentscheide, über die abgelehnte Entscheidungen der Politik rückgängig gemacht wurden. So hatten sich jüngst Bürger im Kreis Paderborn gegen die Ausweisung eines Nationalparks Egge ausgesprochen. Ein Bürgerbegehren ist der Antrag von Bürgern an die Verwaltung, einen Bürgerentscheid durchzuführen. Ein Bürgerentscheid ist die Abstimmung der Bürger über eine kommunalpolitische Sachfrage.
Andererseits wurden insgesamt nur 30 Prozent aller geplanten Bürgerbegehren überhaupt auf den Weg gebracht. Der Grund liegt nach Einschätzung Wölfels vor allem an zu komplizierten und für Laien oft schwer verständlichen Regeln, die 70 Prozent der geplanten Bürgerentscheide schon im Vorfeld scheitern ließen. Vor diesem Hintergrund rät der Verein Mehr Demokratie zur Einrichtung einer zentralen Beratungsstelle bei der Landesverwaltung.
In der Kritik des Vereins steht auch das Zustimmungsquorum. Es verlangt für die Gültigkeit eines Bürgerentscheids einen Mindestanteil an Ja-Stimmen, der auf die Anzahl aller Wahlberechtigten bezogen ist. Die Mehrheit der abgegebenen Stimmen ist damit nicht allein entscheidend. In NRW liegt das Quorum bei bis zu 20 Prozent. Demokratisch zustande gekommene Mehrheiten würden so zu Minderheiten gemacht, machte Wölfel deutlich. Viele auf den Weg gebrachte Bürgerentscheide scheiterten an diesem Quorum trotz einer Mehrheit bei der Abstimmung.
Auch dass der Stadt- oder Gemeinderat über die Zulassung eines Bürgerbegehrens entscheidet, ist aus Sicht von Wölfel verbesserungsfähig. Schließlich sei es die Institution, deren Pläne kritisiert und zur Abstimmung gestellt würden. Sinnvoll sei auch, Abstimmungsunterlagen künftig automatisch zu versenden, um so jeweils noch mehr Bürger zu erreichen. Dennoch hätten sich Bürgerbegehren und Bürgerentscheid als ein wichtiges Instrument für mehr demokratische Mitsprache und für mehr Bürgerzufriedenheit bewährt, betonte Wölfel. Das demokratische System werde damit generell repräsentativer.