Nach der ersten Staffel der Serie “Testo” attestierte Regisseur und Schauspieler Kida Khodr Ramadan der ARD Degeto, sie habe “mehr Eier als die ganze ARD”. Auch in Staffel zwei lässt das Team ordentlich die Sau raus.
Die Sinnfrage darf hier gegen die Unsinnsfrage eingetauscht werden, und wer nach einem Subtext sucht, der sucht nach einer Nadel im Heuhaufen. Die zweite Staffel “Testo” (Das Erste und ARD Mediathek ab 25. April) ist, was schon die erste war: durchgeknallte Unterhaltung. Sechs mal 15 Minuten, sprich 90 Minuten auf Speed.
Keko (Kida Khodr Ramadan) sitzt mit seiner Gang im Flugzeug. Stulle (Frederick Lau) und Pepsi (Stipe Erceg) müssen die geklauten Diamanten aus ihren Verdauungsgängen herausquetschen. Das klappt, aber dann fängt der Streit um die Beute an. Der unbeherrschte Karro (Veysel Gelin) geht seinem Chef an die Gurgel, Keko kollabiert und wird zusammen mit der Polizistin (Nicolette Krebitz), die auch im Flieger saß und sich als Ärztin ausgab, irgendwo in der Provinz verbuddelt.
Ein neuer Plan muss her und wird mit dem früheren Komplizen Giovanni (Moritz Bleibtreu) gefunden. Die Diamanten sollen jetzt an die Yakuza-Mafia verkauft werden. Ort des Handels ist eine Karaoke-Bar. Für Clanchef Yamashito (Yusuke Yamasaki) und seine schießwütige Vertraute Uzi (Marie-Louise Hertog) ist der Klunker-Deal nur ein kleiner Fisch, da ist noch mehr geplant. Und dann kommt alles anders: Die Gangsterjägerin hat sich aus dem vermeintlichen Grab herausgebuddelt, die Karaoke-Bar wird von einer Interpol-Einheit mit der toughen Enie (Franka Potente) umstellt. Jetzt drängt die Frage aller “Testo”-Fragen nach vorne: Wer fickt wen, wer wird von wem gefickt – und warum und warum nicht?
Showrunner ist wieder Kida Khodr Ramadan, der sich schon für Staffel 1 bei ARD Degeto bedankt hatte, sie hätte mehr Eier als die ganze ARD zusammen. Ramadan lässt auch in Staffel zwei mit den Co-Autoren Nicolette Krebitz und Christoph Gampl die Sau raus. Es wird also geflucht und geschissen und geschossen, bis das Finale die größte aller möglichen Überraschungen bereithält.
Denn das Trio aus Stulle, Pepsi und Barro muss plötzlich ohne Mastermind Keko zurechtkommen, was nur in die Sackgasse führen kann. Der bipolare Stulle ist hyperaktiv für zwei, Barro hält Gewalt für das beste aller zwischenmenschlichen Mittel, Pepsi ist frisch und smart, aber der Schlaueste nicht. Und Giovanni, der Möchtegern-Italiener, sieht sich mehr im Mode-Business als im Gangstermilieu und ist jederzeit bereit, für ordentlich Kohle seinen besten Freund zu verraten.
Die Polizistinnen haben eindeutig mehr drauf, aber auch nicht immer den Durchblick. Den hat auch nicht der Yakuza-Mafioso, den haben nur die Autoren und die Regisseure.
“Testo 2” geht mit Rasanz in die Kurve, wenn Dialoge, dann im Brüll-Modus (Stulle liegt mit seinem Sprechdurchfall vorn). Mit Schussfahrt geht es Richtung Finale, erkennbar ist die Begeisterung des Teams fürs Überdrehte, Überhitzte, die Dynamik zielt aufs Klaustrophobische. Peter Kurth und Thomas Thieme geben bemerkenswerte erwachsene Nebenfiguren, so einen Dreh-Spaß wollten sie sich nicht entgehen lassen. Und bei der Inszenierung scheinen die Regisseure Kida Khodr Ramadan und Silvana Santamaria ständig “Und Action” geschrien zu haben.