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Wulff: Europa ist vor immense Probleme gestellt

Ex-Bundespräsident Wulff fordert bei einer Rede im Aachener Dom ein entschiedenes Eintreten für ein weltoffenes Europas: Der Kontinent brauche Zuwanderung.

Der frühere Bundespräsident Christian Wulff sieht Europa vor großen Herausforderungen. “Die gesamte globale Ordnung bröckelt gerade, und Europa ist vor immense Probleme gestellt”, sagte er am Dienstagabend bei einem Vortrag im Aachener Dom. Die Gegner der EU gingen heute von innen und von außen strategisch gegen Europa vor. Staaten, die Flüchtlingsströme in die EU verursachten, unterstützten zugleich rechtsextreme Parteien auf dem Kontinent, die wiederum Stimmung gegen die Flüchtlinge machten.

Wulff äußerte sich bei einem “Domkonzert mit Europarede”, die erste Veranstaltung dieser Art im Rahmenprogramm des Karlspreises. “Wir erleben derzeit Schicksalsjahre für Europa”, so der Politiker. “Jeder ist gefordert, den Angriffen der Feinde Europas standzuhalten” und die Demokratie zu stärken. Die junge Generation stehe vor der riesigen Aufgabe, den Zusammenhalt Europas zu sichern, betonte er in seiner Rede mit dem Titel “Ohne mehr Engagement für unser Europa versagen wir alle vor der Geschichte!”.

Wulff wies darauf hin, dass die Europäische Union heute eine Region des Friedens sei. Seine Generation habe den Wegfall der Schlagbäume an den Grenzen gefeiert, “und solche Momente des Feierns wünsche ich mir für die junge Generation heute, damit wir wissen, was wir an Europa haben”. Notwendig sei eine engere Zusammenarbeit. “Gemeinsam statt einsam” und “Kooperation statt Konfrontation” müsse gelten, erklärte Wulff. “Alleingänge führen zur Handlungsunfähigkeit.”

Außerdem müsse Europa weltoffen bleiben, forderte das frühere Staatsoberhaupt. “Europa benötigt Zuwanderung.” Menschen mit Einwanderungsgeschichte sollten grundsätzlich als Bereicherung betrachtet werden. Dass man Einwanderer ignoriere oder instrumentalisiere, müsse aufhören. Stattdessen sollten kluge Köpfe für Europa gewonnen werden. “Der Rückgang der Erwerbstätigen ist weltweit eine viel größere Gefährdung des sozialen Friedens als die Migration”, so Wulff.

Am Donnerstag, dem Fest Christi Himmelfahrt, wird der Karlspreis 2024 im Krönungssaal des Aachener Rathauses verliehen. Die Auszeichnung geht an den Präsidenten der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, und an die jüdischen Gemeinschaften Europas.