„Der heilige Franz von Assisi predigt den Fischen in Rimini“ – das ist ein verbreitetes Motiv in der christlichen Kunst. Demnächst kann er das auch mit den Fischen von Heerlen bei Aachen tun – zumindest im übertragenen Sinne. Denn wie die “Deutsche Bauzeitung” kürzlich berichtete, wird in dem niederländischen Grenzort bis Ende 2027 die leerstehende Kirche St. Franciscus van Assisie umgebaut – zum Schwimmbad.
Neben Kerkrade und Rotterdam gehörte der 87.000-Einwohner-Ort, eine frühere Bergbaustadt, laut einer Umfrage 2023 zu den fünf unglücklichsten Gemeinden der Niederlande. 2023, das war auch das Jahr, in dem die neugotische Franziskus-Kirche im Westen der Stadt außer Dienst gestellt und nicht mehr für Gottesdienste genutzt wurde – ausgerechnet zum 100. Jahrestag ihrer Fertigstellung.
Doch nun will die Kommunalverwaltung den Hebel umlegen; sie hat ein Programm zur Stadterneuerung aufgelegt. Saniert werden das Museum der 1940 entdeckten römischen Thermen und das denkmalgeschützte Bauhaus-Kino Royal Rivoli am Bahnhof. Am spektakulärsten aber ist natürlich die Umnutzung der Franziskus-Kirche.
Heiliges Wasser
Den Sprung ins kalte Wasser wagen die Architekten der Büros MVRDV und Zecc Architecten. Zusammen mit weiteren Ingenieurbüros sollen sie das ebenfalls denkmalgeschützte Gotteshaus zu einem sozialen Treffpunkt für die Bewohner der Stadt und der umliegenden Ortschaften machen. Das Projekt mit dem Namen „Holy Water“ (Heiliges Wasser) will die historischen Elemente der Kirche erhalten, wie die Macher versprechen. Ab Ende 2027 können die Heerlener dann in ganz neue Welten eintauchen – oder sogar wie Jesus übers Wasser laufen.
Denn ein Clou des Konzepts ist die Bodenkonstruktion. Das künftige Schwimmbecken in der Mitte der Kirche wird stufenlos höhenverstellbar, zur Anpassung an verschiedene Altersgruppen und ihre Fähigkeit zu schwimmen. In der höchsten Position verschwindet das Wasser vollständig, und es entsteht eine ebene Fläche, etwa für Kulturveranstaltungen.
Auf dem Wasser gehen
Auch eine ganz flache Wasserschicht ist möglich. In Kombination mit passender Beleuchtung spiegelt sich dann das Kirchenschiff im Wasser – und die Besucher scheinen „auf dem Wasser zu gehen”. Winy Maas, Gründungspartner von MVRDV, erläutert: „Die Spiegelung lässt die Kirche dann noch größer und eindrucksvoller erscheinen.“
Eine besondere Herausforderung dabei: die nachhaltige Isolierung und Beheizung des Bades, ohne durch Feuchtigkeit die historische Bausubstanz zu gefährden. Glaswände rund um das Becken sollen eine Pufferzone schaffen, die Glasmalereien und Kunstwerke schützt. Schallabsorbierende Platten sorgen für eine bessere Akustik. Technik und Lüftungsanlagen verschwinden ganz im Untergeschoss.
Die Buntglasfenster der Kirche tauchen den Raum weiter in ein farbiges Licht. Und auch die Beleuchtung über dem Becken ist inspiriert von den ursprünglichen Kirchenleuchten, die man über alte Fotos noch rekonstruieren kann. Sie liefern nicht nur die moderne Lichtinstallation, sondern dienen zugleich, in vier Reihen geordnet, als Markierung der Schwimmbahnen.
Kirchenbänke als Café-Möbel
Die alten Kirchenbänke finden auch eine neue Verwendung: Sie werden als Café-Möbel hinter die Glaswände rund ums Becken eingebaut; mit Sitzplätzen auf der einen und Stehtischen auf der anderen Seite. Besucher können durch die Seitengänge der alten Kirche wandern und durch die Scheibe ins Schwimmbecken blicken. Über die Kirchenschiffe gelangen sie auch zu den Umkleiden und zur Gastronomie im hinteren Teil.
Und was wird aus der Kanzel? Im Schwimmbad wird ja nicht gepredigt; nicht mal zu den Fischen… Dennoch gibt es auch dafür eine passgenaue Lösung: Sie dient künftig als Ausguck für den Rettungsschwimmer!