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Wie die Gospelkirche in Hannover Menschen begeistert

Die Gospelkirche in Hannover ist keine normale Kirche. Vermutlich spricht sie deswegen die Menschen an, die sonst nicht in die Kirche gehen.

Jeden dritten Sonntag im Monat feiern die Gospelfans in der Erlöserkirche einen Gospelgottesdienst. Am ersten Sonntag im Monat lädt die Gemeinde zu einer meditativen Feier
Jeden dritten Sonntag im Monat feiern die Gospelfans in der Erlöserkirche einen Gospelgottesdienst. Am ersten Sonntag im Monat lädt die Gemeinde zu einer meditativen FeierStiftung Creative Kirche Witten

Uwe Dahms wäre wohl kaum in einen Gottesdienst gegangen und schon gar kein aktives Gemeindemitglied geworden, als er und seine Frau vor mehr als 20 Jahren nach Hannover zogen. „Ich hatte mit der Kirche gar nichts am Hut. Die üblichen Gottesdienste haben mich nicht mehr angesprochen“, erzählt der gebürtige Berliner. Aber einen Chor habe er gesucht, und auf diesem Weg sei er schließlich doch zu einer Kirchengemeinde gekommen.

Es handelte sich dabei um die Erlöserkirche in Hannover, die seit 2002 offiziell als Gospelkirche firmiert. „Mich hat die Fröhlichkeit gereizt, auf die ich hier gestoßen bin“, so Dahms. „Die Gottesdienste haben eine so frische Form, die mich anspricht“, so der 59-jährige IT-Berater, der die Anfänge der Gospelkirche miterlebte.

Uwe Dahms singt nicht nur im Chor, er engagiert sich auch als Kirchenvorsteher in der Gemeinde
Uwe Dahms singt nicht nur im Chor, er engagiert sich auch als Kirchenvorsteher in der GemeindeSven Kriszio

Denn auch die Erlöserkirche, die Ende des 19. Jahrhunderts als Tochtergemeinde von St. Martin für Linden-Süd gebaut wurde, hatte als reine Ortsgemeinde unter schlecht besuchten Gottesdiensten zu leiden. Und so hätten die damaligen Pastoren Joachim Dierks und Carsten Wedemeyer sowie die damalige Chorleiterin Tine Hamburger einen mutigen Schritt gewagt und ein neues Gottesdienstformat ins Leben gerufen: den Gospelgottesdienst mit viel Gesang und entsprechend nur kurzen geistlichen Impulsen, der von Februar 2002 an jedem dritten Sonntag im Monat gefeiert wurde.

Chor der Gospelkirche: 80 bis 120 Sängerinnen und Sänger dabei

„In den Gottesdiensten verschmelzen Musik und Wort“, versucht Dahms die Faszination der Gottesdienste zu beschreiben, die er seitdem schätzt. Das locke sogar Menschen aus weiterer Entfernung an. Auch er selbst habe durch die Art der Verkündigung wieder zum Glauben gefunden. „Die Musik inspiriert mich.“

 

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Schnell sei die Zahl der Gottesdienstteilnehmer, darunter vor allem Sängerinnen und -sänger, wieder auf 30 angewachsen, berichtet Dahms von den Anfängen. Mittlerweile würden im Chor, der seit 2017 unter Leitung des Gospelreferenten Jan Meyer auftritt, sogar 80 bis 120 Musikbegeisterte singen. „Die erfrischende und lebensnahe Art spricht die Menschen eben an.“

Doch mit dem neuen Format habe die alte Ortsgemeinde zunächst ihre Schwierigkeiten gehabt, sagt Dahms, der sich mittlerweile nicht nur im Chor, sondern auch im Kirchenvorstand der neu fusionierten Kirchengemeinden in Linden engagiert. Auf Dauer sei die Mischung aus Orts- und Gospelgemeinde nicht tragbar gewesen. „Der Kirchenvorstand hat sich für Menschen entschieden, die Gospelmusik mögen und die selber singen.“ Und so gebe es nur noch Reste des klassischen Angebots einer Ortsgemeinde. Der große Andrang bestätige diese Entscheidung. Wer heute im Chor mitsingen wolle, der müsse zunächst vorsingen, sagt Dahms.

Neues Zentrum der Popularmusik in Hannover

Die Gospelkirche ist seither immer mehr zu einem Zentrum des kirchenmusikalischen Aufbruchs der Landeskirche Hannovers geworden. Derzeit wird die Heizung der Erlöserkirche modernisiert, denn sie soll neuerdings auch als popularmusikalisches Zentrum zur Ausbildung von ehrenamtlichen Kirchenmusikern sowie für Band- und Chorproben genutzt werden. „Wir hatten hier schon eine Licht- und Beschallungsanlage. Aber künftig kann man sich einfach anstöpseln und loslegen“, freut sich Dahms.

„Das ist eine gute Entscheidung.“ Kirche habe nur Zukunft, wenn sie gezielt auf die Bedürfnisse der Menschen und ihre Art zu glauben eingehe.