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Westfälische Kirche will Kampf gegen sexuellen Missbrauch verstärken

Bielefeld (epd). Die westfälische Kirche will Opfer von
sexualisierter Gewalt stärken und die Prävention ausbauen. Es gehe
darum, weiterzuentwickeln und umzusetzen, wie Gemeinden,
Einrichtungen und Schulen zu Schutz- und Kompetenzorten werden, sagte
die hauptamtliche Beauftragte für den Umgang mit Verletzungen der
sexuellen Selbstbestimmung, Daniela Fricke, am Dienstag vor der
westfälischen Synode in Bielefeld. Gemeinsam mit den Betroffenen sei
zu klären, wie individuelle und institutionelle Aufarbeitung besser
gelingen könne.

   Genaue Fallzahlen von Opfern sexualisierte Gewalt könnten derzeit
noch nicht präsentiert werden, erklärte Fricke. Noch gebe es keine
Meldepflicht, und entsprechende Kriterien, nach denen «wir Fälle als
Fälle definieren und zählen könnten». Das reine Zählen von Verfahren,
in denen Strafanzeige erstattet wurde oder Disziplinarverfahren
geführt würden, könne auch ein falsches Bild vermitteln. Zudem würden
Opfer-Kontakte, die unter der seelsorglichen Schweigepflicht stünden,
ohnehin außerhalb der Statistik stehen, bis die Betroffenen selbst es
anders entschieden.

   Zur Stärkung der Prävention sollen in der westfälischen Kirche
künftig rund 30 hauptamtliche Ansprechpartner und Multiplikatoren zur
Verfügung stehen, erläuterte die Kirchenrätin. Nach ihrer Schulung
sollen sie ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeiter in Gemeinden,
Kirchenkreisen, Ämtern, Schulen, Einrichtungen und Werken zum Thema
sexualisierte Gewalt schulen. Für die Qualifizierung habe die
Landessynode im vergangenen Jahr 45.000 Euro zur Verfügung gestellt.

   In ihrem Bericht hatte die westfälische Präses Annette Kurschus am
Montag erklärt, dass die Landeskirche die individuelle Aufarbeitung
in den Mittelpunkt rücke. Diese solle mit einem professionellen
Anerkennungs- und Unterstützungssystem verbunden werden, das auch
nach Verjährung und ohne strenge Nachweispflichten zum Tragen kommen
solle.

   Laut dem Zwischenbericht wurden seit 2014 im Bereich der Diakonie
und der westfälischen Kirche rund 60 Anträge auf Anerkennung von Leid
bewilligt und insgesamt Zahlungen in Höhe von 305.000 Euro geleistet.
In einem ergänzenden Hilfesystem für Menschen, die als Kinder oder
Jugendliche in kirchlichen Einrichtungen sexuell missbraucht wurden,
würden mit Beträgen bis jeweils 10.000 Euro Therapien und andere
Sachleistungen unterstützt. Die westfälische Kirche habe die bislang
sieben gestellten Anträge anerkannt. Für mögliche weitere
Zahlungsverpflichtungen habe die westfälische Kirche in diesem Jahr
weitere 250.000 Euro vorgesehen.

   Außerdem werden in glaubhaften Fällen die Kosten für anwaltliche
Beratungen übernommen, wie Fricke erklärte. Dafür stellt die
westfälische Kirche seit diesem Jahr 10.000 Euro pro Jahr zur
Verfügung.

Die westfälische Landessynode tagt bis Mittwoch, am Dienstagabend
sollte der Haushalt verabschiedet werden.