Predigttext
7 Wer unter euch hat einen Knecht, der pflügt oder das Vieh weidet, und sagt ihm, wenn der vom Feld heimkommt: Komm gleich her und setz dich zu Tisch? 8 Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Bereite mir das Abendessen, schürze dich und diene mir, bis ich gegessen und getrunken habe; und danach sollst du essen und trinken? 9 Dankt er etwa dem Knecht, dass er getan hat, was befohlen war? 10 So auch ihr! Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.
Der Knecht hat sich in allem dem Herrn zu unterwerfen. Können wir diesem Gleichnis Jesu überhaupt etwas Gutes abgewinnen? Der 27. Januar, an dem diese Zeilen entstehen, wirft ein besonderes, deutsches Licht auf das Thema. Der Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert daran, dass Herrenmenschen vor allem für eins stehen: Tod und Vernichtung.
Aber es geht auch harmloser: In unseren Kreisen und Gemeinden ist wohl manchmal die Frage erlaubt, ob der Umgang miteinander nicht auch diese Bilder von Herrschaft und Knechtschaft in sich trägt: Ehrenamt ist die Stütze der Gemeinden und unserer Kirche, sagen wir. Wie viele fühlen sich zumindest ausgenutzt! Da kommt so ein Spruch gerade recht: „Wir sind nutzlose Knechte, wir haben getan, was uns aufgetragen war“.
Die Bitte heißt: Stärke unseren Glauben!
Ohne diese oder ähnliche Bilder im Kopf können wir dieses Gleichnis wohl kaum lesen. Ihm geht die entscheidende Bitte voraus: Stärke unseren Glauben!
Zur Zeit Jesu war allen der Hintergrund dieses Gleichnisses so selbstverständlich wie uns heutzutage Tarifverhandlungen. Man hatte Sklavinnen und Sklaven mit sehr eingeschränkten Rechten. Sie hatten zu arbeiten, die Herren (und Herrinnen) konnten sich ihren Geschäften widmen. Jesus konnte also darauf setzen, dass alle dieses Bild begreifen würden. Die Fragen, die er stellt, entlarven sich dabei selbst als absurd: Wird er, der Herr, etwa zum Sklaven sagen: Komm setz dich an meinen Tisch? – Natürlich nicht! Wird er nicht vielmehr sagen…? – Natürlich wird er! Bedankt er sich etwa bei dem Sklaven? – Natürlich nicht!
Wir sollen in unserem Verhältnis zu Gott, um des Glaubens willen, diese Haltung einnehmen: Als unnütze Knechte tun wir das, was uns aufgetragen ist. Das ist schwer. Warum wird uns denn nicht ein kleines Eigenlob zugestanden? War doch toll, was wir gemacht haben! Muss der liebe Gott doch auch mal sehen!
Unser Glaube kann nicht bestehen, wenn er sich nicht ganz und gar auf Gott verlässt. Das ist der Kern dieser Erzählung. Die Reformatoren haben dieses „ganz und gar“ wieder ans Licht geholt. Wir bleiben in unserer ganzen Existenz abhängig von Gott. Gerade so sind wir aber ganz und gar freie Menschen, in allen Belangen. „Ich bin vergnügt, erlöst, befreit“, heißt es in einem Psalm von Hanns-Dieter Hüsch. Glaube befreit. Darum kann und darf nur Gott ausschließlich über uns verfügen. Niemand anderes hat jemals ein totales Recht auf uns, nicht einmal ein innig geliebter Mensch.
In den absurden Fragen Jesu wird ja angesprochen, was Menschen, vor allem Sklaven, sich wünschen: Nach der Arbeit ein gutes Essen vorgesetzt bekommen und einen Dank für die Arbeit. Entlastung und Erholung für alle Arbeitenden. Genau darauf zielt dieses Bild: Bei Gott ist es tatsächlich so, dass er uns den Tisch deckt, dass er uns stärkt, dass er unseren Glauben weckt. Er macht die Arbeit auf dem Feld unseres Lebens, damit wir frei und unbeschwert seinen Willen tun. Mit anderen Worten: Der Herr tut alles für uns, damit wir als freie Knechte tun, was uns aufgetragen ist und in unserer Macht steht: Recht schaffen, Gerechtigkeit einfordern und Gutes tun.
Nah am Herzen Gottes
In einem Fernsehbeitrag am 27. Januar war zu sehen, wie Schülerinnen und Schüler Stolpersteine reinigten, die an ermordete jüdische Menschen aus unserer Mitte erinnern. Sie taten das freiwillig, als Dienst an uns allen und wollten es genauso verstanden wissen: Wir tun das, damit sich alle erinnern können. Es war ein Dienst, mit einer Perspektive nach vorne, gegen ungerechte Machtverhältnisse und gegen Ausgrenzung, Rassismus, Hass. Auch wenn diese jungen Leute mit der Kirche nichts am Hut haben mögen: Sie sind in ihrer Haltung nah am Herzen Gottes. Uns bleibt hier das Wort Jesu: So auch ihr!