Predigttext am 9. Sonntag nach Trinitatis: Jeremia 1, 4–10 Und des Herrn Wort geschah zu mir: Ich kannte dich, ehe ich dich im Mutterleibe bereitete, und sonderte dich aus, ehe du von der Mutter geboren wurdest, und bestellte dich zum Propheten für die Völker. Ich aber sprach: Ach, Herr Herr, ich tauge nicht zu predigen; denn ich bin zu jung. Der Herr sprach aber zu mir: Sage nicht: „Ich bin zu jung“, sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen alles, was ich dir gebiete. Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin bei dir und will dich erretten, spricht der Herr. Und der Herr streckte seine Hand aus und rührte meinen Mund an und sprach zu mir: Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund. Siehe, ich setze dich heute über Völker und Königreiche, dass du ausreißen und einreißen, zerstören und verderben sollst und bauen und pflanzen.
Von Viola Türk
Wer ein richtiger Prophet sein will, muss sich sträuben, wenn Gott ihn ruft. Schon Mose versuchte am brennenden Dornbusch standhaft, sich zu weigern, als Gott ihm befahl, zurück nach Ägypten zu gehen und sein Volk aus der Sklaverei zu führen. Jonas meinte, indem er ein Schiff in die falsche Richtung nahm, seinem Auftrag entfliehen zu können. Es nützte ihm nichts.
Unwetter und ein großer Fisch spülten ihn an den Strand von Ninive. Allein Jesaja rief beflissen: „Hier bin ich! Sende mich“, als Gott fragte: „Wen sollen wir senden?“. Er ist die Ausnahme. Auch die Berufung des Jeremia zeigt, dass dieser sich sträubt: „Ach, mein Gott und Herr, ich kann doch nicht reden, ich bin ja noch so jung.“
Propheten haben nichts als das Wort. Aber wer glaubt schon Worten? Menschen wollen Beweise, Taten sehen. Es gab sicherlich Hunderte, ja Tausende Propheten, die an den Heiligtümern und am Tempel beschäftigt waren, die trösteten und vertrösteten trotz der Bedrohungen, denen die Menschen ausgesetzt waren. Den wenigen Unheilspropheten gab die Geschichte recht. Sie sagten den Untergang für Israel und Juda voraus und er trat ein. Deshalb sind genau ihre Worte in der Bibel überliefert und nicht die der Tempelpropheten.
Einer wie Jeremia konnte nicht erwarten, mit seiner Prophetie Geld zu verdienen und ein angesehener Mann zu werden. Wie schwer sein Schicksal sein wird, deutet Gott ihm gleich zu Beginn an und duldet keinen Widerspruch. Es bleibt ihm keine Zeit der unbeschwerten Jugend, die Pflicht ruft in Form des Wortes Gottes.