Rostock/Stralsund. Dass die heftig umstrittene AfD in den deutschen Bundestag eingezogen ist – „nicht wenige nehmen das als Zäsur wahr“, sagt Nora Nübel vom Regionalzentrum für Demokratische Kultur in Stralsund. Doch nicht nur die AfD, sondern überhaupt der wachsende Zuspruch zum Rechtspopulismus in Deutschland werfe Fragen auf. „Wir sehen ihn als Symptom einer gesellschaftlichen Veränderung, über die wir ins Gespräch kommen wollen“, erklärt Nübel. An zwei Abenden im November lädt die Evangelische Akademie der Nordkirche, die seit zehn Jahren die Demokratiezentren in Stralsund und Rostock trägt, daher zu Interview, Lesung und Publikumsdebatte mit Justus Bender ein.
Bender ist Journalist, Philosoph, Politik-Kenner und fragt in seinem aktuellen Buch „Was will die AfD?“ nach den Anliegen der Partei und den Bedingungen für den Erfolg von populistischen Projekten überhaupt. „Besonders spannend ist, dass er diese Frage philosophisch angeht und bis zu Platons Freiheitsbegriff zurückgeht“, erklärt Nora Nübel. Unter anderem entfalte Bender mit Platon die These: „Wenn die Gier nach der Freiheit des Einzelnen alles andere übersteigt, geht das verloren, was die Gesellschaft zusammenhält.“
Afd-Themen waren gesetzt
So wie beim Brexit: Zwar habe die britische Bevölkerung mit ihrem Ruf nach einem Volksentscheid zum Thema mehr individuelle Freiheit eingefordert und kurzfristig auch erlangt. „Aber als der Brexit beschlossen war, haben viele gesagt: Das wollten wir eigentlich gar nicht“, sagt Nora Nübel. Viele hätten die Folgen zu wenig bedacht.
Wie sich Christsein und Rechtspopulismus zueinander verhalten – die meisten Berührungspunkte gibt es im evangelikalen Lager – soll ebenfalls mit Bender diskutiert werden, außerdem der Umgang der Medien mit rechtspopulistischen Thesen. „Es war ja so, dass die Themen, die die AfD gesetzt hat, vor der Bundestagswahl in Talkshows und Zeitungen die größte Rolle spielten“, sagt Nübel. Ständig habe im Fokus gestanden, wie Deutschland sich zur Flüchtlingsfrage verhalten solle. „Es gibt aber auch noch ganz andere wichtige Herausforderungen in unserem Land.“ Etwa die Frage, wie die Gesellschaft mit der wachsenden Digitalisierung umgehen wolle oder wie Bildung gelinge.