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Warum Pastor Piorunek Whisky-Verkostungen anbietet

Beim Thema Whisky kommt Pastor Bernd Piorunek ins Schwelgen. Er bietet Verkostungen an, die mehr bieten als sinnliche Erlebnisse.

"In Single-Malt-Whiskys ist die Landschaft hineindestilliert, sagt Pastor Bernd Piorunek. Ein Poster hinter ihm zeigt verschiedene Destillerien in Schottland.
"In Single-Malt-Whiskys ist die Landschaft hineindestilliert, sagt Pastor Bernd Piorunek. Ein Poster hinter ihm zeigt verschiedene Destillerien in Schottland.Sven Kriszio

In dem kleinen Glas vor ihm ist nur ein Tropfen Whisky. „Aber der hat es in sich“, sagt Pastor Bernd Piorunek und lächelt versonnen. Dabei hebt er das bauchige Gefäß zu seiner Nase und schließt seine Augen genießerisch. „Es riecht nach Rauch und Eichenholz“, beschreibt Piorunek das Aroma, das sich entfaltet. „Aber nicht wie beim Holzhacken, sondern eher morsch wie das Fass, in dem der Whisky gereift ist.“ Piorunek scheint sich eine Welt zu eröffnen, während er dem Geruch weiter nachspürt. „Kenner schmecken sogar, ob das Fass am Meer stand“, sagt der 52-Jährige. „Manche können sogar den Ort sagen.“

Bernd Piorunek, Pastor der Kirchengemeinde Düshorn südlich von Walsrode, könnte zu dieser erlesenen Gemeinde von Whisky-Kennern gehören. Er ist nicht nur Mitglied der „Scotch Malt Whisky Society“, sondern er bietet Whisky-Verkostungen an, „Tastings“. „Das ist mein Hobby. Wäre es ein Gewerbe, würde es mir den Spaß verderben“, betont Piorunek.

Im Studium Geschmack am Whisky gefunden

Schon als Theologie-Student in den 90er-Jahren hat Piorunek nicht nur die Bibel studiert, sondern auch Geschmack am Whisky gefunden. Ein älterer Studienkollege habe ihn damals zu einer Kostprobe eines Single Malts eingeladen: eines Whiskys, der nicht vermischt ist. „Dann hat es sich so ergeben.“ Es sei wie mit der Schönheit der Natur, versucht Piorunek seine Liebe zum Destillat aus vergorener Getreidemaische zu beschreiben. „Ich kann auch nicht achtlos an Blumen vorbeigehen, sondern schaue sie mir an. Erst dann kann ich ihre Schönheit entdecken.“ Vor allem Düfte würden tiefe sinnliche Eindrücke hinterlassen. Denn sie seien eng mit Erinnerungen verbunden. „Ich habe in meinem Garten extra Nachtkerzen gepflanzt, weil mich ihr Duft an meine Jugend und mein Elternhaus erinnert.“

Piorunek erkundete fortan die Welt des Whiskys, lernte, seine Sinne für die feinen Duft- und Geschmacksnoten zu schärfen, Holz- und Fruchtnoten zu unterscheiden. „Man muss sich hocharbeiten. Je mehr man sich mit dem Whisky beschäftigt, desto größer wird das Sprachrepertoire“, sagt er.

Mehrfach sei er seitdem in Schottland gewesen, um zu sehen, wie der Whisky hergestellt werde. Er habe Seeluft gerochen und Seetang probiert. In einer Gegend, die unerklärlicherweise nach Honig roch, habe er alle Pflanzen zerrieben, die dort wachsen. Er habe herausfinden wollen, woher dieser Geruch stamme, den man im Whisky dieser Gegend ebenfalls schmecke. Whisky sei sehr naturverbunden, so Piorunek weiter. „Man sagt, in die Single Malts ist die Landschaft hineindestilliert.“

Whisky ist wie der Glaube

Doch Piorunek wäre kein Pastor, wenn er dieser Leidenschaft nicht auch eine geistliche Seite abgewinnen würde. „Whisky ist wie der Glaube“, ist er überzeugt. Schließlich habe auch Whisky mit Dingen zu tun, die man nicht sehen könne. Und trotzdem würden sie ihre Wirkung entfalten.
Seit fast 20 Jahren bietet Piorunek in unregelmäßigen Abständen Whisky-Verkostungen an, in denen diese spirituelle Seite zum Tragen kommt. „Es fing eigentlich auf einer Klausurtagung des Kirchenkreises an, zu der ich einen Whisky mitgebracht hatte. Meine Kollegen fanden das toll.“ Mittlerweile müsse er gar keine Werbung für seine „Tastings“ mehr machen. Rund 20 Leute würden jeweils teilnehmen, so Piorunek. „Das sind alles sehr unterschiedliche Menschen, aber alle sind Genießer.“

Mit dem „Nosing“, dem Erschnuppern der Aromen, beginnt es. „Manche duften so schön, da könnte man den ganzen Abend schnuppern“, sagt Piorunek, der nur in Gemeinschaft trinkt. Dann spreche man über die Aromen und die Assoziationen, die sie auslösen. „Es ist schön, dass sich die Menschen öffnen und von sich erzählen. Im Whisky stecken Geschichten.“ Erst dann probiere man den kleinen Schluck, indem man ihn langsam auf der Zunge zergehen lasse. Drei Stunden dauere ein Tasting mit sechs Flaschen.

Für Piorunek ist es Aufgabe von Kirche, Menschen eine vertiefte Wahrnehmung zu ermöglichen und sie zum Erzählen zu bringen. „Es gibt Leute, die sagen, dass Whisky ein flüssiger Gottesbeweis ist“, sagt Piorunek und lächelt.