Frankfurt a.M. Der letzte Tag des Jahres ist benannt nach einem katholischen Heiligen: Papst Silvester I., gestorben am 31. Dezember 335. Der heilige Silvester passt perfekt zum Jahreswechsel, fällt sein Leben doch in eine Zeit des Umbruchs und Wandels. Als Papst Silvester später heilig gesprochen wurde, erhielt sein Todestag seinen Namen.
Gerade erst zum Priester geweiht, vermutlich im Jahr 284, muss er sich vor den brutalen Christenverfolgern des römischen Kaisers Diokletian in Sicherheit bringen. Drei Jahrzehnte später, 314, wird er zum Papst gewählt. Kurz zuvor hatte der römische Kaiser Konstantin sich dem Christentum zugewandt. Der Kirche hatte er Freiheit und jedem Bürger des Reiches das Recht auf freie Religionsausübung geschenkt – ein epochaler Wandel. Unter dem Schutz des Kaisers konnte die Kirche aufblühen.
Erstickt an einer Fischgräte
Über den Menschen Silvester weiß man kaum etwas, außer dass er geborener Römer war und über den Priscilla-Katakomben im Norden Roms eine Kirche baute. Dort war er auch zunächst bestattet, später wurden seine Überreste in die Kirche San Silvestro in Capite im Zentrum der Stadt übergeführt. Heute ist es die Nationalkirche der englischen Katholiken.
So ziemlich alles andere ist Legende. Sie erzählt vor allem von Silvesters Standhaftigkeit während der noch einmal wütend aufflackernden Christenverfolgung: Er redete dem Statthalter ins Gewissen, der ihn zwingen wollte, die von ihm verwalteten Besitztümer von Christen herauszugeben – später erstickte der Politiker an einer Fischgräte. Silvester soll den angeblich an Lepra erkrankten Kaiser Konstantin geheilt und gleich auch noch bekehrt haben.
Und als die Kaiserinmutter Helena ihren Sohn für das Judentum gewinnen wollte, führte Silvester – der Legende nach – höchst erfolgreich ein Streitgespräch mit zwölf gelehrten Rabbinern. Der zwölfte soll sogar einen Stier durch die bloße Nennung des Namens Gottes getötet haben, um die Kraft seines Glaubens zu erweisen. Silvester aber gelang es, das Wunder zu toppen: Er erweckte den toten Stier wieder zum Leben, worauf sich die zwölf Rabbiner samt der Kaiserinmutter sogleich taufen ließen.
Patron der Haustiere
In Wirklichkeit spielte Silvester weder bei der Hinwendung Konstantins zum Christentum noch bei den späteren kirchenpolitischen Auseinandersetzungen eine Rolle, die den Zeitgenossen im Gedächtnis geblieben wäre. Die "Konstantinische Schenkung", in der Kaiser Konstantin dem Papst angeblich Macht und Besitztümer überließ und womit der Vatikan seine weltliche Herrschaft begründete, hat sich als spätere Fälschung herausgestellt.
Weder an der bedeutenden Reichssynode in Arles noch am ersten ökumenischen Konzil von Nicäa 325 mit der Weichenstellung gegen die Arianer und dem Bekenntnis zur Göttlichkeit Christi – Arius wollte in ihm nur ein besonders begnadetes Geschöpf sehen – nahm Silvester teil. Er könne die Apostelgräber in Rom doch nicht im Stich lassen, schrieb er nach Arles.
Schon im fünften Jahrhundert wurde überall in Europa sein Fest gefeiert, Silvester avancierte zum Patron der Haustiere und der Futterernte.
Heidnische Traditionen zu Silvester
Der Tag des heiligen Silvester war allerdings nicht immer der letzte Tag des Jahres: Zwar hatte schon Julius Caesar 46 v. Chr. den 1. Januar als Jahresbeginn bestimmt. Doch für die Kirchen galt das lange Zeit nicht – bis Papst Innozenz 1691 endgültig den 31. Dezember festlegte.
Das Brauchtum zum Jahreswechsel mit Lärm, Umzügen und geheimnisvollen Orakeln hat mit dem Heiligen wohl nichts zu tun. Es geht auf heidnische Traditionen zurück, mit denen böse Geister vertrieben werden sollten. Und auch sein Name lässt nichts von Feuerwerk, Sekt und Bleigießen ahnen: Silvester kommt vom lateinischen silva (Wald), silvestris bedeutet waldig und wild. (epd)