Für deutsche Geheimdienste ist es der verlängerte Arm des iranischen Regimes. Nun hat die Innenministerin das Islamische Zentrum Hamburg verboten. Überraschend kam der Schritt nicht.
Razzien in über 50 Gebäuden in 8 Bundesländern. Die prächtige Blaue Moschee an der Hamburger Alster und drei weitere islamische Gotteshäuser geschlossen und beschlagnahmt. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat am Mittwoch den Verein Islamisches Zentrum Hamburg (IZH) und fünf weitere verbundene Organisationen verboten.
Sie verbreiteten die Ideologie des iranischen Regimes in Deutschland und wollten diese auch verwirklichen. “Diese islamistische Ideologie richtet sich gegen die Menschenwürde, gegen Frauenrechte, gegen eine unabhängige Justiz und gegen unseren demokratischen Staat”, so Faeser.
Der Verein war nicht nur Betreiber der Blauen Moschee (offiziell: Imam Ali Moschee), sondern galt als eine der wichtigsten schiitischen Organisationen in Europa. 1953 von iranischen Auswanderern in Hamburg gegründet, war er zuletzt Anlaufstelle für schiitische Muslime verschiedener Nationen – neben Iranern vor allem für Afghanen, Araber, Libanesen, Pakistaner und Türken sowie deutsche Konvertiten. Der IZH-Verein war Gründungsmitglied des Zentralrats der Muslime in Deutschland. Sein bisheriger geistlicher Leiter Mohammad Mofatteh stammt jedoch weiterhin – wie all seine Vorgänger – aus dem Iran.
In Hamburg dauert der Streit um den Verein nun schon seit fast drei Jahrzehnten an. Seit 1993 informiert der Verfassungsschutz der Hansestadt in seinen Berichten über die Tätigkeit des IZH und stuft die Gruppierung als islamistisch ein. Auch wenn sich der Verein nach außen hin gemäßigt gibt, ist er nach Auffassung des Geheimdiensts ein “weisungsgebundener Außenposten Teherans”, also des iranischen Regimes. Auch soll er Verbindungen zur schiitischen Terrororganisation Hisbollah pflegen.
Der Verein weist alle vom Verfassungsschutz erhobenen Vorwürfe zurück. Er unterstütze keine Gewalt, keinen Terror und mache keine Politik, sagte Leiter Mofatteh noch vergangene Woche der “Hamburger Morgenpost”. “Der Islam, den wir hier predigen, ist der Islam der Vernunft, der Islam des Friedens, der Freundschaft und des friedlichen Zusammenlebens der Völker.”
Mit einer Klage gegen bestimmte Aussagen des Verfassungsschutzes scheiterte das IZH jedoch vergangenes Jahr in wesentlichen Punkten. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Hamburg darf die Organisation weiter als extremistisch bezeichnet werden. Der Verein hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt. Ob und wie das Verfahren nun weitergeht, ist noch unklar.
Zahlreiche Politiker und Kritiker des politischen Islams hatten sich immer wieder für ein Verbot des Vereins ausgesprochen. Nach Beginn einer Protestwelle im Iran 2022 gewann die Debatte darum wieder an Dynamik. Der Bundestag forderte die Bundesregierung dazu auf, ein Verbot des Vereins zu prüfen. Spätestens jetzt beschäftigte das IZH also auch Innenministerin Faeser und ihre Behörde.
Auf politischen Druck hin trat der IZH-Verein unterdessen aus einem wichtigen muslimischen Dachverband aus, der Schura. Er kam damit einem Ausschluss zuvor. Die Schura ist Vertragspartner der Stadt und gestaltet zum Beispiel den islamischen Religionsunterricht an Schulen mit.
Darüber hinaus blieb es zunächst ein Jahr lang ruhig. Bis am 16. November vergangenen Jahres 800 Polizisten ausrückten und 55 Gebäude in sieben Bundesländern durchsuchten. Sie stellten größere Bargeldmengen, Mobiltelefone und Laptops sowie Schriftstücke und Flugblätter sicher. Sie seien seither ausgewertet worden und hätten die Verdachtsmomente so erhärtet, dass nun ein Verbot des IZH ausgesprochen werden könne, so das Innenministerium. Die erneuten Razzien am Mittwoch sollten wohl weitere Beweise sicherstellen.
Faeser betonte: “Wir handeln nicht gegen eine Religion. Die friedliche schiitische Glaubens- und Religionsausübung ist ausdrücklich nicht von unserem Verbot berührt.”
Politiker aller großer Parteien und jüdische Verbände begrüßten das Verbot. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, bezeichnete das Verbot als konsequent. Deutschland müsse alles dafür tun, dass der Hass des iranischen Regimes keine Verbreitung finde. “In Zeiten, in denen unsere offene Gesellschaft von innen und von außen bedroht wird, müssen wir gemeinsam unsere Demokratie und alles, wofür sie steht, verteidigen.” Der Zentralrat der Muslime äußerte sich zunächst nicht.
Ob das IZH das Verbot akzeptiert, ist noch nicht bekannt. Es könnte beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig dagegen klagen.