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Warum das?

In Berlin sind Kitas seit 1. August für alle kostenlos. Auch andere Bundesländer streben das an. Ob das der Qualität der Arbeit gut tut, muss bezweifelt werden

Jeden Tag die gleiche Hektik: Morgens, wenn die Kinder in die Kita gebracht werden und nachmittags bei der Abholung. In der Frühe ruft die Arbeit und am Nachmittag und Abend warten auf die Eltern Einkauf, Küche, Schmutzwäsche und Hausaufgaben des älteren Nachwuchses.

Moderne Eltern sind immer in Eile. Kinder laufen oft nur so mit, wenn Vater und Mutter voll berufstätig sind. Oder sein müssen. Denn vielen von ihnen bleibt aus finanziellen Gründen gar nichts anderes übrig. Andere wollen arbeiten, und auch das ist ihr gutes Recht. Schließlich bringt der Beruf den meisten Frauen und Männern mehr Selbstbestätigung als Haushalt und Kindererziehung allein.

Die Konsequenzen eines solchen Lebens aber tragen alle: die Eltern selbst, die Kinder und die Erzieherinnen. Denn sie sind es, die Ausgleich bieten müssen zum häuslichen Stress. Dazu kommen Anforderungen aus Politik und Gesellschaft: Sie sollen die Jungen und Mädchen nicht nur aufbetreuen und bespaßen. Sie sollen sie erziehen und bilden. Was auch heißt, Kindern aus fremdsprachigen Familien Deutsch beizubringen und Brücken zu bauen zwischen verschiedenen Kulturen.
Kurz: Die Anforderungen an das Berufsbild der Erzieherin und des Erziehers, an die öffentliche vorschulische Erziehung überhaupt, sind massiv gewachsen. Wie man das auch immer bewerten mag – Fakt ist: Was früher das Elternhaus erledigte, übernimmt heute, wenigstens zu einem Teil, die Kita.

Und das alles soll es nun umsonst geben? Für die Familie mit dem Porsche-Cayenne vor dem 180-Quadratmeter-Einfamilienhaus genauso wie für die alleinerziehende Hartz IV-Empfängerin? In Berlin ist das seit 1. August der Fall, andere Bundesländer wollen nachziehen (Seite 5).

Kostenlose Kita für alle – das ist keine soziale Gerechtigkeit, das ist das Gegenteil davon, weil es die Reichen beschenkt. Warum sollen die, die es können, nicht einzahlen in den Topf? Wer gut verdient, kann – selbstverständlich gestaffelt nach der Höhe des Einkommens – auch dafür aufkommen, dass die Allgemeinheit ihm und ihr einige der Pflichten gegenüber den Kindern abnimmt.

Das Solidarprinzip „Jeder zahlt nach seinem Vermögen“, das sich an vielen Stellen bewährt, gerade im Kita-Bereich auszuhebeln, geschieht nicht nur ohne Not, es wird ziemlich sicher auch Folgen haben für die Qualität der Arbeit und damit für alle Beteiligten: Kinder, Eltern, Erzieherinnen. Denn es kann doch niemand ernsthaft erwarten, dass mehr Geld in die öffentliche Erziehung gesteckt wird, wenn es keine Einnahmen mehr gibt? Geld aber, das dringend erforderlich wäre – für einen höheren Personalschlüssel, eine bessere Ausstattung und leistungsgerechte Gehälter.
Schließlich geht es um unsere Kinder und Enkelkinder. Denen ist nicht damit gedient, wenn die Eltern nichts zahlen. Denen ist vielmehr damit gedient, von motivierten und nicht überlasteten Erzieherinnen in gut ausgestatteten Einrichtungen betreut und erzogen zu werden.