Im “Schatz im Silbersee” ritten Winnetou und Old Shatterhand schon Seite an Seite. Wie ihre Blutsbrüderschaft begann, erzählte 1963 erst der nachfolgende Film “Winnetou I” – samt einer traurigen Liebesgeschichte.
“Noch spannender – noch größer – noch schöner!”, hatte die Werbung angekündigt. Am 11. Dezember 1963 war es dann soweit. Der Film “Winnetou 1. Teil” feierte im Münchner Mathäser-Kino seine Uraufführung. Fast alle Hauptdarsteller, darunter Pierre Brice als Titelheld und Lex Barker als Old Shatterhand, wohnten der glanzvollen Präsentation des 101 Minuten dauernden Karl-May-Films bei und verbeugten sich danach unter großem Applaus auf der Bühne.
War der “Schatz im Silbersee” ein Jahr zuvor noch ein Überraschungserfolg gewesen, so lag die Erwartung dieses Mal besonders hoch, wie das Karl-May-Filmbuch festhält. Manitou meinte es gut mit dem “deutschen Western”. In zwölf Monaten zog die Geschichte über den edlen Apachenhäuptling bundesweit mehr als drei Millionen Zuschauer in die Kinos. Produzent Horst Wendlandt, der erneut auf Regisseur Harald Reindl und Drehbuchautor H.G. Peters gesetzt hatte, durfte dafür die “Goldene Leinwand” in Empfang nehmen.
Die Wild-West-Geschichte von Winnetou und Old Shatterhand, die als Blutsbrüder die Bösen bekämpfen, gefiel den Leuten. Gewiss lag dies an der Idealbesetzung der beiden Protagonisten. Für die Zuschauer gab es auch ein Wiedersehen mit alten Bekannten aus dem Vorgängerfilm: Ralf Wolter durfte als Sam Hawkins mit ablegbarem Skalp seine Späße treiben, und Chris Howland sorgte gleichfalls für Komik. Der aus der TV-Show “Versteckte Kamera” bekannte Entertainer versuchte als skurriler Engländer vergeblich, Fotos von echten Indianern zu machen.
Von Juli bis September 1963 dauerten die Dreharbeiten. Allein zweieinhalb Monate fanden die Außenaufnahmen in der brütenden Hitze von Jugoslawien statt. Laut Begleitheft zum Film kostete die Produktion vier Millionen Mark (etwa zwei Millionen Euro), wobei allein 300.000 Mark für Dekoration und Reiterei draufgingen. 5.000 Komparsen und 22 Darsteller von Sprechrollen waren im Einsatz. Zu den Requisiten gehörten auch sperrige Güter wie eine Lokomotive im Stil von 1860, 200 Meter Eisenbahnschienen und 40 Kanus.
Für die zwei Indianerstämme der Apachen und Kiowas wurden unter anderem 200 Paar Lederleggins und 150 Paar Mokassins gefertigt, dazu Pfeile, Bögen und Tomahawks. Der “Rheinische Merkur” urteilte im Januar 1964: “Gelungen sind die monumentalen Reiter- und Kampfszenen. Titos Komparsen ballern mit Lust auf die amerikanischen Yankees.”
Sportsgeist mussten fast alle Hauptdarsteller beweisen, doch die strapaziöseste Szene blieb an Barker hängen. In einem Gottesurteil-Wettkampf zwischen Old Shatterhand und dem Häuptling Intschu-tschuna bewältigte er eine Kanu-Wettfahrt über die Distanz von 300 Metern im reißenden Strom. Ohne Trick und Double gab es einen Zweikampf auf Leben und Tod im Wasser.
Das “Lexikon des internationalen Films” urteilte: “Zwischen heftigem Kampfgetümmel und komischen Einlagen umschreibt der Film gefühlvoll-sentimentale Themen wie Hass, Versöhnung, Fürsprache, Vergebung, Liebe und Tod.” Letzteren brachte Mario Adorf in der Rolle des Bösewichts Santer. Eine Kugel aus seinem Gewehr tötete Winnetous Schwester (Marie Versini). Ausgerechnet jene Szene, in der die 24-jährige Französin in den Armen des sichtlich bewegten Old Shatterhand vor dem Gipfelmassiv des Tulove Grede stirbt, wurde gleich zu Beginn der Dreharbeiten aufgenommen.
Versini verriet später in “Ich war Winnetous Schwester”, dass Barker mit ihr danach abends allein zum Essen habe gehen wollen. Dabei gestand er ihr, dass die Todesszene ihn erschüttert habe. “Ich habe den Tod meiner Frau noch einmal erlebt.” Ein Jahr zuvor war Irene, mit der er in vierter Ehe verheiratet war, gestorben.