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Venezuelas Machthaber Maduro flirtet mit den Evangelikalen

Gemeinsames Beten gegen US-Sanktionen und Steuergeschenke: Venezuelas Präsident Nicolas Maduro sucht eine neue religiöse Allianz. Es ist nicht der erste Versuch, die kritische katholische Kirche auszuspielen.

Machtlos muss der Westen mit ansehen, wie sich die Schlinge um Venezuelas populärste Oppositionspolitikerin immer weiter zuzieht. In dieser Woche wurden weitere enge Berater und Helfer von Maria Corina Machado festgenommen. Die prodemokratische, bürgerlich-konservative Politikerin würde laut Umfragen die Wahlen Ende Juli klar gewinnen; doch die von Machthaber Nicolas Maduro und seiner sozialistischen Regierung dominierte Justiz untersagt ihr eine Kandidatur. Damit ist die größte Rivalin kaltgestellt.

Eine der wenigen verbliebenen Stimmen, die das repressive Vorgehen gegen die Opposition seit Jahren öffentlich anprangert, ist die katholische Kirche. Trotz massiven Drucks und Einschüchterung forderten die Bischöfe kürzlich, dass “die staatlichen Organe und alle politischen und sozialen Institutionen darauf hinwirken müssen, dass Wähler und Kandidaten tatsächlich die Möglichkeit haben, gleichberechtigt an diesem Prozess teilzunehmen”. Eine klare Forderung nach freien und fairen Wahlen.

Dass man sich daran hält, ist eher unwahrscheinlich. Schon jetzt berichten Exil-Venezolaner aus allen Teilen der Welt, dass die diplomatischen Vertretungen ihres Heimatlandes die Registrierung von Wählern verschleppen. Insgesamt acht Millionen Venezolaner haben seit Maduros Amtsantritt 2013 ihre Heimat wegen der abhaltenden Versorgungskrise und der staatlichen Repression verlassen. Die Opposition hätte ihre Stimmen wohl sicher.

Weil die katholische Kirche wegen der fortgesetzten Angriffe auf die Demokratie nicht schweigt, will Maduro nun eine Allianz mit den evangelikalen Kirchen schmieden. Vor wenigen Tagen traf er sich zu einer gemeinsamen Veranstaltung mit Pastoren verschiedener evangelikaler Kirchen. Er wolle, dass Kirchenmitarbeiter und das Volk Christi sich die große Mission für Gleichheit und Gerechtigkeit seines Vorgängers Hugo Chavez zu eigen machten, sagte Maduro in einer Ansprache. Danach beteten alle Anwesenden für die Aufhebung der US-Sanktionen gegen Venezuela. Anschließend ordnete der Staatschef die Abschaffung der Steuerpflicht für evangelikale Kirchen an.

Es ist nicht das erste Mal, dass die regierenden Sozialisten versuchen, die einflussreiche katholische Kirche an den Rand zu drängen. Präsident Hugo Chavez (1999-2013) wollte bereits seinerzeit eine Art Gegenkirche installieren. Die “Iglesia Catolica Reformada” sah sich als eine “katholische Alternative” zur Amtskirche in Venezuela – und bekannte sich zum sozialistischen Regime.

Erzbischof Roberto Lückert Leon warf der Chavez-Regierung damals vor, als “Hauptsponsor” der neuen Gruppierung zu fungieren. Praktisch bedeute dies etwa: Unterstützte einer der Geistlichen der “reformierten katholischen Kirche” eine Regierungsveranstaltung, bezahle Caracas Flüge und Hotelunterkünfte.

Der inzwischen gestorbene Kardinal Jorge Urosa Savino, einer der schärfsten Kritiker von Chavez und später Maduros, wählte deutliche Worte, um sich von den selbst ernannten Reformern abzugrenzen: “Die wahre Kirche Jesu Christi ist politisch unabhängig und besitzt auch kein Parteibuch.” Durchsetzen konnte sich die “Iglesia Catolica Reformada” am Ende tatsächlich nicht – trotz staatlicher Förderung.