Zum Auftakt eines Verfahrens gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof hat UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk Antisemitismusvorwürfe der israelischen Regierung zurückgewiesen. Antisemitismus sei ein sehr reales Übel. Dessen politische Instrumentalisierung müsse aufhören, schrieb Türk in einem Gastkommentar der israelischen Zeitung “Haaretz” (Donnerstag). Hintergrund ist eine Klage Südafrikas gegen Israel wegen mutmaßlicher Verletzung der Völkermord-Konvention gegenüber den Palästinensern.
Regierungssprecher Eylon Levy in Jerusalem hatte den Vorwurf mit mittelalterlichen Ritualmordlegenden verglichen. Solche Legenden des Inhalts, dass Juden zu kultischen Zwecken christliche Kinder töteten, führten zu Verfolgung von Juden in vielen Städten Europas. Türk nannte diese Ritualmordlegenden die “giftigste und mörderischste Form des Antisemitismus”. Es sei “jedoch nicht antisemitisch, auf die Einhaltung des Gesetzes zu drängen und grobe Verstöße dagegen zu verurteilen”.
Das UN-Menschenrechtsbüro trete für die Rechte von Palästinensern wie von Israelis ein, “in Frieden zu leben, frei von der ständigen Gefahr eines Ausbruchs extremer Gewalt, die durch eine Festungsmentalität, schwere Diskriminierung und Aufstachelung zu Hass genährt wird”, schreibt Türk. Massive Gewalt gegen Palästinenser, Diskriminierung und Demütigung führten nicht zu Frieden.
Vielmehr befürchte er davon eine “zusehends zersetzende Wirkung auf israelische Institutionen und die Gesellschaft”. Eine solche Politik rechtfertige keine Gewalt gegen israelische Zivilisten, betonte Türk. Sie könne aber nicht das Versprechen des Staates gegenüber dem eigenen Volk erfüllen, ihm Schutz und Sicherheit zu garantieren. “Menschenrechte zu diskreditieren, ist ein Bärendienst am israelischen Volk”, so der Menschenrechtskommissar.