Mehrere Bundesländer haben sich dafür ausgesprochen, in ihren Kommunen eine Arbeitspflicht für Flüchtlinge einzuführen, darunter Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein und Bayern. Das ergab eine Umfrage des „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND, Samstag). Der Saale-Orla-Kreis in Thüringen plant als erster Landkreis in Deutschland die Durchsetzung einer Arbeitspflicht für Asylbewerber. Derweil verteidigte im Deutschlandfunk am Samstag der Landrat des thüringischen Saale-Orla-Kreises, Christian Herrgott (CDU), die Verpflichtung von rund 150 Asylbewerbern in den Gemeinschaftsunterkünften des Kreises zu gemeinnütziger Arbeit als „wichtigen Integrationsbaustein“.
„Wir möchten diejenigen, die zu uns kommen und die ja mindestens in den ersten drei Monaten nicht arbeiten dürfen, sofort abholen und in eine Tagesstruktur und sinnvolle Tätigkeit bringen“, sagte Herrgott. Von den 50 bereits in gemeinnützigen Tätigkeiten untergebrachten Flüchtlingen seien viele froh über diese Beschäftigung, betonte der Landrat. „Die meisten wollen arbeiten, wollen sich integrieren in die Gesellschaft.“ Vor allem für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive aus sicheren Herkunftsstaaten, die dauerhaft nicht arbeiten dürften, seien die Arbeitsgelegenheiten ein wichtiges Angebot.
Laut RND sieht der Paragraf 5 des Asylbewerberleistungsgesetzes vor, dass Asylbewerbern in Gemeinschaftsunterkünften gemeinnützige Arbeit für eine Aufwandsentschädigung von 80 Cent pro Stunde angeboten werden soll. Bei einer Ablehnung können die Sozialleistungen gekürzt werden. Bisher haben die Kommunen von dieser seit Jahren geltenden Regelung offenbar kaum Gebrauch gemacht, schreibt das RND. Die Ankündigung von Herrgott im thüringischen Saale-Orla-Kreis hatte eine Debatte ausgelöst und Kritik von Sozialverbänden und Menschenrechtsorganisationen auf den Plan gerufen.
Ein Sprecher des Arbeitsministeriums in Schleswig-Holstein sagte dem RND, dass die im Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehenen Mitwirkungspflichten effektiver durchgesetzt werden müssten. Dabei sei eine flächendeckende Arbeitspflicht für Geflüchtete durchaus vorstellbar.
Auch das Innenministerium in Sachsen-Anhalt sieht die Regelung positiv. Arbeitsgelegenheiten seien ein Instrument, mit dem vor allem Menschen, die noch nicht arbeiten dürften, die Gelegenheit gegeben werde, nicht in Untätigkeit zu verfallen, erklärte eine Sprecherin.
Saarlands Minister für Arbeit und Soziales, Magnus Jung, wünscht sich ebenfalls Beschäftigung für Geflüchtete, jedoch auf freiwilliger Basis.
Unterstützung für die örtliche Umsetzung der Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz kam zuvor auch von Bayerns Innenminister.
Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann sagte dem RND: „Arbeitsmarkt- und sozialpolitisch ist es zu begrüßen, wenn die Menschen, die in dieses Land kommen, so schnell wie möglich in geregelte Tagesabläufe kommen und eine sinnvolle Aufgabe haben.“ Dennoch sieht Laumann keinen Anlass für neue zusätzliche Gesetze oder Vorschriften. Dafür sei der Paragraf 5 im Asylbewerberleistungsgesetz geschaffen worden. „Ich sehe hier keinen darüber hinaus gehenden Regelungsbedarf.“
Ablehnend reagierten Berlin, Brandenburg und Hamburg. „Mit dieser Scheindebatte zur ‚Arbeitspflicht‘ wird nur wieder die falsche Erzählung vom ‚arbeitsscheuen‘ Geflüchteten bedient“, sagte Brandenburgs Integrationsministerin Ursula Nonnenmacher (Grüne) dem RND.