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G20 widersetzen sich Trump – Ukraine-Plan abgelehnt

Auf ihrem Treffen in Johannesburg setzten G20-Mitglieder ein Zeichen: gegen Trump und für Multilateralismus. Der erste Gipfel in Afrika überraschte durch Einigkeit.

Die Teilnehmer des G20-Gipfels in Südafrika haben sich mit demonstrativer Geschlossenheit dem Druck und Boykott der USA widersetzt. Deutschland, die Europäische Union und andere Unterstützer der Ukraine lehnten zudem den umstrittenen Plan des abwesenden US-Präsidenten Donald Trump für eine Beendigung des russischen Angriffskrieges in der vorliegenden Form ab. Der Entwurf sei “eine Grundlage, die zusätzliche Arbeit erfordert”.

Trotz des Widerstands der USA beschlossen die anwesenden Mitglieder der Gruppe der großen Industrie- und Schwellenländer (G20) überraschend schon am ersten Tag des Gipfels eine gemeinsame Erklärung. Das Dokument fordert Schuldenentlastung, eine Verbesserung der internationalen Finanzarchitektur, mehr Katastrophenschutz, eine gerechte Energiewende, die faire Nutzung kritischer Mineralien, inklusives Wachstum, Nahrungsmittelsicherheit und den Kampf gegen die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich.

Trump boykottierte das Treffen – als erster US-Präsident in der Geschichte der einflussreichen Staatengruppe. Sein kontroverser Ukraine-Plan überschattete den ersten Gipfel auf dem afrikanischen Kontinent. Nach Krisenberatungen veröffentlichten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), die EU-Spitzen und andere Staats- und Regierungschefs Europas sowie Kanadas und Japans ihre höflich formulierte Antwort und sprachen der Ukraine ihre Unterstützung aus.

“Wir sind uns über den Grundsatz im Klaren, dass Grenzen nicht durch Gewalt verändert werden dürfen.” Die Umsetzung von Teilen des Planes in Bezug auf die Europäische Union und die Nato erfordere zudem deren Zustimmung, betonten die Unterzeichner. Auch seien sie besorgt über die vorgeschlagene Verringerung der ukrainischen Streitkräfte, “die die Ukraine für künftige Angriffe verwundbar lassen”. Trump hatte ultimativ bis Donnerstag die Zustimmung Kiews gefordert. Die Ukraine soll nach seinem Plan weite Gebiete an Russland abtreten, ihr Militär verkleinern und auf einen Nato-Beitritt verzichten.

Die Europäer wollten am Sonntag am Rande des Treffens in Südafrika und auch während des folgenden Europa-Afrika-Gipfels in Luanda in Angola Anfang der Woche weiter beraten, berichtete EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. “Es darf nichts über die Ukraine ohne die Ukraine geben.” Europa arbeite an einem gerechten und nachhaltigen Frieden.

In der 30-seitigen Erklärung der G20-Mitglieder wurde in Übereinstimmung mit der UN-Charta bekräftigt, dass alle Staaten davon absehen müssten, Gewalt anzudrohen oder anzuwenden, um territoriale Gebiete auf Kosten der Integrität und Souveränität zu gewinnen. Der Fokus lag aber stärker auf der Schuldenlast vieler einkommensschwacher Entwicklungsländer, besonders auch in Afrika, und den Bemühungen im Kampf gegen Armut und Hunger.

Die südafrikanische Präsidentschaft hatte “Solidarität, Gleichheit, Nachhaltigkeit” zum Motto des zweitägigen Treffens gemacht. Entwicklungsorganisationen begrüßten, dass die “Ungleichheitskrise” erstmals auf die Tagesordnung eines G20-Gipfels gesetzt wurde. “Das ist ein Beweis für die Führungsrolle Südafrikas – eine Führung, die Milliarden von Menschen vor die Milliardäre stellte”, sagte Max Lawson von Oxfam. Mit der gemeinsamen Erklärung trotz des Drucks der USA hätten die G20-Staaten “den Multilateralismus verteidigt”.

Neben den USA waren fünf weitere Länder auch nicht durch ihre Staatschefs, aber immerhin durch teils hochrangige Delegationen vertreten: Russland, Argentinien, Mexiko, Saudi-Arabien und China. Den russischen Präsidenten Wladimir Putin, gegen den ein internationaler Haftbefehl wegen seines Angriffskrieges gegen die Ukraine vorliegt, vertritt der Vizeleiter der Präsidialverwaltung, Maxim Oreschkin. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping lässt sich wieder durch Regierungschef Li Qiang vertreten, der eine zunehmend wichtigere Rolle spielt.

In der Arbeitssitzung am Samstag legte eine Expertengruppe unter Leitung von Nobelpreisträger Joseph Stiglitz ihre Empfehlungen vor, wie die Arm-Reich-Kluft verringert werden kann. Der “Ungleichheitsnotstand” untergräbt aus ihrer Sicht nicht nur Gesellschaft und Demokratie, sondern schadet auch der Wirtschaft. Die indische Ökonomin Jayati Ghosh sagte bei der Sitzung, es gebe Konsens vom Währungsfonds (IWF) bis zur Entwicklungsorganisation OECD, dass die Verringerung der Ungleichheit “gut für wirtschaftliche Leistung ist”.

Die Experten schlagen die Schaffung eines internationalen Gremiums zur Ungleichheit (IPI) vor, das technische Expertise sammeln soll. Ramaphosa lobte die Empfehlungen als “solide Plattform für erneute globale Bemühungen, die Ungleichheit anzugehen”. “Man kann keine guten Entscheidungen treffen, wenn man keine Fakten hat und die Ungleichheit nicht versteht”, sagte Stiglitz der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er hofft auf starke Unterstützung durch den Kanzler.