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Thomas Brussig schreibt in Rom “2062” nach Vorbild von “1984”

Die Villa Massimo in Rom ist eine bedeutende deutsche Kulturinstitution, die seit 111 Jahren Kunstschaffende fördert. Seit September lebt Bestsellerautor Thomas Brussig dort. Einen neuen Roman hat er schon in der Mache.

Der Schriftsteller Thomas Brussig arbeitet in Rom an einem neuen Roman nach dem Vorbild von “1984”. “George Orwells Buch entstand 1948, 36 Jahre vor dem Zahlendreher-Jahr 1984”, sagte er am Donnerstagabend in Rom. “Zwischen 2026 und 2062 liegen auch wieder 36 Jahre”, so der Autor von “Helden wie wir” und “Sonnenallee”. “Deshalb wäre es toll, wenn mein Buch 2026 erscheinen könnte – natürlich mit dem Titel ‘2062’.” In “1984” wird das Bild einer entmenschlichten, durchgehend überwachten Welt gezeichnet.

Brussig (59) ist seit Anfang September und bis Ende Juni 2025 Stipendiat der Deutschen Akademie Villa Massimo, die seit 1913 hochbegabte Kunstschaffende aus den Bereichen Bildende Kunst, Literatur, Musik und Architektur fördert. Der Autor lobte die Arbeitsbedingungen: “Ich komme sehr gut voran.”

In seinem neuen Roman, einer zukunftspessimistischen Dystopie, ist die Klimakrise mit pharmazeutischen Mitteln gelöst: Das Präparat mit dem Handelsnamen “Paradies” versetze die Menschen in einen “Zustand willen- und tatenlosen Glücks”, so Brussig. “Das Buch befasst sich aber nicht nur mit der gegenwärtigen Klima- und Zukunftsangst, sondern auch mit der urliterarischen Frage nach Glück, von dem die Menschen erstaunlich wenig wissen”, so der Autor.

“Ich mache die Beobachtung, dass sich die Menschen schon immer der Zukunft entgegengeängstigt haben, und unter der Hand verbesserte sich das Leben stetig”, sagte Brussig. “Aber Zukunftsangst ist auch wichtig: Wir brauchen sie, um auf der Hut zu sein”, so der Autor, der in der DDR aufgewachsen ist. “Nichts ist schlimmer, als wenn Optimismus grassiert: Das ‘Tausendjährige Reich’ hat zwölf Jahre gedauert. Auch die DDR war zukunftsfroh, und irgendwann gab es sie nicht mehr.”

Im Moment sei die Zukunftsangst leider ziemlich präsent. “Aber ich sehe eigentlich wenig Grund dafür”, sagte Brussig. “Deshalb beschreibe ich in meinem Roman eine Welt, in der aus falscher Zukunftsangst heraus falsche Weichenstellungen erfolgen.”

Auch in seinem autobiografisch geprägten Buch “Meine Apokalypsen. Warum wir hoffen dürfen” (2023) habe er alle Weltuntergangs-Prophezeiungen beschrieben, die ihm je untergekommen seien. “Die sind alle nicht eingetreten, aus unterschiedlichen Gründen”, sagte Brussig. “Also insofern: So ein bisschen Zukunftsangst oder Skepsis ist ganz gut, aber im Hinterkopf nicht vergessen: Eigentlich wird’s immer besser.”