Eltern quälen sich häufig mit Schamgefühlen, wenn sie befürchten, ihr Kind könnte an einer Depression leiden: Das beobachtet die Familientherapeutin Melanie Hubermann. “Eltern tragen den Verdacht einer psychischen Störung lange mit sich herum”, sagte sie im Interview der Zeitschrift Psychologie Heute. Sie höre häufig, dass Eltern für eine solche Erkrankung verantwortlich gemacht würden: “Solche Reaktionen ärgern mich sehr.” Wenn die Angst vor Verurteilung zu groß sei, bleibe dringend benötigte Hilfe aus, mahnte Hubermann. Daher brauche es mehr Aufklärung.
Ein Anzeichen für eine depressive Verstimmung sei es, wenn mindestens zwei Symptome über mindestens zwei Wochen anhielten: etwa gedrückte Stimmung, Verlust von Interesse, verminderter Antrieb oder schnelle Ermüdung. Noch eindeutiger sei ein schlechtes Selbstbild, “also sich wertlos zu fühlen, keine Zukunftsperspektive zu haben”, schwere Entscheidungsfindung oder auch ein massiv verändertes Ess- und Schlafverhalten. Zugleich dürften Gefühle von Wut, Trauer oder Frust durchaus vorübergehend auftreten, betonte die Expertin: “Wir brauchen diese Gefühle, um negative Erlebnisse zu überwinden.”
Depression: Auch Eltern brauchen oft Hilfe
Als erste Ansprechpartner bei entsprechender Sorge böten sich Kinderarzt oder Hausärztin an, erklärte Hubermann. Bei Psychotherapien müsse auch im Kinder- und Jugendbereich mit langen Wartezeiten gerechnet werden. Eine Alternative könnten Gruppenangebote sein, in denen Betroffene mit professioneller Begleitung ihre Erfahrungen austauschten.
Unterstützung empfiehlt die Autorin des Buchs “Teenage Blues” auch den Eltern: Sie erlebten in Gruppen oftmals, “dass sie mit ihren Problem nicht allein sind”. Wenn es erst ein “Helfernetz” gebe, sei es zudem sinnvoll, die Schule zu informieren: “Eine Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern ist für die betroffenen Jugendlichen entlastend und ermöglicht weitere Interventionen”.