Umkehr, Vergebung und Verzeihung – an Aschermittwoch kommt das vielen altbekannt vor. Und auch eine neue Form der Therapie baut darauf auf. Ein Therapeut und Theologe kennt sich damit aus.
Vergebung ist einer der zentralen Wege zur Veränderung – sowohl in politischen und gesellschaftlichen wie in privaten Bereichen, sagt der Theologe und Therapeut Georg Beirer. Dem “Fränkischen Tag” sagte er am Mittwoch, in der Psychotherapie habe sich die Vergebungstherapie als neue Therapieform etabliert – “gerade in Anlehnung an den Vergebungsbegriff der christlichen Religion.”
Am Aschermittwoch beginnt in der christlichen Tradition die Fastenzeit, eine Zeit der Umkehr und Vergebung. “Vergebung und dann darauf aufbauend die Versöhnung ist in meinen Augen der einzige Weg, die Spirale der Gewalt oder die Spirale von Leid, Zufügung von Leid und Verletzung, zu durchbrechen”, sagte der Moraltheologe.
Den Unterschied zwischen Vergeben und Verzeihen sieht der Therapeut in der freien Entscheidung: “Vergeben ist eine freie Gabe, ein Geschenk.” Man gebe etwas, worauf der, der einen verletzt hat, überhaupt kein Recht habe. “Man verzichtet auf negative Gefühle wie Groll, Wut und Hass, die durch Verletzungen ausgelöst wurden und transformiert diese negativen Gefühle in positive Emotionen wie Empathie, Mitgefühl, Liebe.” Im Vergebungsprozess mache sich der verletzte Mensch frei davon, dass der Verletzende dauernd im eigenen Leben dominant sei und bleibend sein Leben bestimme. “Es ist eine Höchstform persönlicher Befreiung”, sagt Beirer. Im Unterschied dazu, funktioniere Verzeihen unter der Vorbedingung, dass erstmal auf das Unrecht hingewiesen werde.
Dauerhafte Heilung bedeute nicht, dass das Schlimme, was einem widerfahren sei, schließlich weg sei, erklärt Beirer. Man könne nichts aus dem Leben wegbringen, was einmal darin gewesen sei. “Aber ich kann dem, was in der Vergangenheit war, die Macht für die Gegenwart und die Zukunft nehmen. Das ist der Weg der Vergebung.”
“Das Schlimmste, was man eigentlich tun kann, ist, bei Spannungen die Kommunikation abzubrechen”, sagt der Therapeut – im persönlichen Konflikt oder in bewaffneten Konflikten zwischen Staaten. Wenn Spannungen aufträten, müsse man daher umso mehr versuchen, den anderen zu verstehen und aus dem Vorurteilssystem auszusteigen. “Der mir zugefügte Schaden wird noch größer, wenn ich nicht in Erwägung ziehe, dass ich auch die Möglichkeit habe, dem anderen zu vergeben, mich frei zu machen von einer reaktiven Antwort auf die Verletzung, die er mir durch seine Gewalt zugefügt hat.” Dann bleibe nur eine Antwortmöglichkeit: Gewalt.