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Theologie-Professor ruft Friedensaktivisten zu mehr Mut auf

Der Braunschweiger Theologe Gottfried Orth hat Friedensaktivisten angesichts weltweiter Konflikte und Remilitarisierung zu mehr Mut aufgerufen. „Friedensarbeit ist ein Pilgerweg“, sagte der evangelische Theologie-Professor am Sonnabend bei einem Vortrag in Bonn. Allerdings habe sich die Lage seit dem 6. November vergangenen Jahres dramatisch verändert. An diesem Tag gewann Donald Trump die Präsidentschaftswahlen in den USA, und zugleich zerbrach in Deutschland die Ampel-Koalition.

Bis zu diesem Tag habe er angenommen, dass viele Menschen, die viele kleine Schritte gehen, das Gesicht der Welt verändern könnten und dieser Prozess nahezu unumkehrbar sei, sagte Orth. Seit dem 6. November sei er aber sicher: „Jetzt bin ich in der Wüste auf diesem Pilgerweg.“ Diese Erfahrung sei ihm und wohl auch seiner Generation bislang fremd gewesen, erläuterte der 73-jährige Experte für gewaltfreie Kommunikation. „Dass wir eine solche Niederlage der Remilitarisierung unserer Politik und Gesellschaft inklusive der Kirchen erleiden, hätte ich nie geahnt.“

Die Antwort darauf müsse ein verändertes Verhalten sein. Es gelte, „Gott als Quelle der Hoffnung, der Gerechtigkeit, der Wahrheit und der Liebe wieder auszugraben, damit wir handlungsfähig bleiben“, sagte der emeritierte Professor. Dazu gehöre, „dass wir in den Katastrophen anfangen müssen, das zu leben, was die Katastrophen verhindert hätte: Verbundenheit, Mitgefühl, Ehrlichkeit, Demut und den Mut, an das Gute im Menschen zu glauben“.

Zugleich trat Orth dafür ein, aktiv zu werden und sich öffentlich für Frieden, Abrüstung und Gewaltfreiheit einzusetzen. Er erinnerte an die Mahnwachen in deutschen Stadtzentren in den 1980er-Jahren. Es brauche heute wieder Menschen, die öffentlichkeitswirksame Aktionen wie Flashmobs umsetzten. Kritisch äußerte sich der Religionspädagoge zur Rolle der Kirchen. In der Vergangenheit hätten sich in Deutschland und weltweit Christinnen und Christen aus der ökumenischen Bewegung für die Friedensarbeit begeistern lassen. „Davon ist heute in unseren Kirchen kaum mehr etwas zu spüren.“ Orth lehrte bis 2019 Evangelische Theologie und Religionspädagogik an der Technischen Universität Braunschweig.