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Texas und Florida provozieren mit geplanten Hinrichtungen

Seit 1976 sind in den USA 1.600 Menschen hingerichtet worden. Die meisten Bundesstaaten lehnen die Todesstrafe inzwischen ab, doch Hardliner pochen auf Vollstreckung. Auch im aktuellen Wahlkampf ist das Thema präsent.

Texas und Florida haben die nächsten Hinrichtungen ausgerechnet für den Internationalen Tag gegen die Todesstrafe am 10. Oktober angesetzt. Eine Provokation der beiden US-Bundesstaaten, die zu der Handvoll an Staaten gehören, die noch Todesurteile vollstrecken. Erst recht, wenn die Urteile bereits vor Jahrzehnten verhängt wurden. Dagegen steht der Trend in 35 anderen Staaten, die die Todesstrafe entweder abgeschafft oder seit mehr als zehn Jahren nicht mehr ausgeführt haben.

Die Wahlkampf-Saison war noch nie gut für Todeskandidaten, weil etliche Politiker dann geneigt sind, Exempel zu statuieren. Ende September starb der wegen dreifachen Mordes verurteilte Alan Eugene Miller in Alabama unter dem Einsatz von Stickstoff.

Der Fall sorgte nicht nur wegen der besonderen Tötungsart für Schlagzeilen. Miller war die 1.600. hingerichtete Person seit Wiederaufnahme der Todesstrafe 1976 in den USA – und die zweite, bei der die umstrittene Methode der Stickstoffhypoxie zum Einsatz kam.

Statistiken zeigen, dass die Zahl der Todesurteile seit Ende der 1990er Jahre stark abgenommen hat. Den Höhepunkt markiert das Jahr 1998, als Gerichte 295 Todesurteile verhängten – im Jahr 2022 waren es noch 21: eine geteilte Bilanz der “modernen Ära” der Todesstrafe, seit das höchste US-Gericht die Wiederaufnahme der meisten staatlichen Hinrichtungen erlaubte.

Im Jahr 2023 befürworteten etwa 60 Prozent der US-Amerikaner die Todesstrafe für verurteilte Mörder, während 40 Prozent sie ablehnten. 30 Jahre zuvor waren noch acht von zehn dafür. “Das Problem bei Hinrichtungen ist, dass die Geschworenen ihre Entscheidungen vor vielen Jahren getroffen haben und nicht die heutige öffentliche Meinung widerspiegeln”, sagt Robin Maher, Geschäftsführerin des Death Penalty Information Center in Washington.

Nach Angaben der Organisation wurden überdies seit 1973 etwa 200 zum Tode Verurteilte entlastet. Dokumentiert sind darunter auch Fälle, in den Zeugen belastende Aussagen nach Vollstreckung des Urteils widerriefen.

Gegner der Todesstrafe verweisen zudem auf rassistische Voreingenommenheit. “Mehr als die Hälfte der zum Tode Verurteilten sind Schwarze”, sagt Nancy Petro, Mitglied im Beirat des National Registry of Exonerations. Das Register sammelt entlastende Informationen zu Angeklagten, um künftige falsche Verurteilungen zu verhindern.

Ihr Ehemann Jim Petro, ein ehemaliger Generalstaatsanwalt aus Ohio, änderte seine Haltung zur Todesstrafe, nachdem Clarence Elkins vor mehr als 25 Jahren wegen Mordes und Vergewaltigung verurteilt und später freigesprochen worden war. DNA-Beweise hatten ihn entlastet. Seit Jahren steht die Todesstrafe nun in mehreren US-Bundesstaaten auf dem Prüfstand. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob sie noch zeitgemäß und tatsächlich verfassungskonform ist.

Die Todesstrafe entwickelt sich auch zu einem Thema im aktuellen US-Präsidentschaftswahlkampf. Donald Trump plädiert für eine konsequentere Anwendung. Kamala Harris hatte im Laufe ihrer Karriere ein komplexes Verhältnis zu dem Thema. Als Bezirksstaatsanwältin von San Francisco war sie zunächst gegen Hinrichtungen. Als sie 2019 die bundespolitische Bühne betrat, stellte sie einen Plan zur Reform der Strafjustiz vor, verpflichtete sich aber nicht zu konkreten Maßnahmen zur Abschaffung von Exekutionen.

Damit stehen beide im Widerspruch zur Haltung von Papst Franziskus. Der betonte 2017, dass die Todesstrafe “unzulässig” sei, weil sie gegen die Unantastbarkeit der Menschenwürde verstoße. Einen anderslautenden Passus ließ er im folgenden Jahr aus dem Katechismus der katholischen Kirche streichen und ersetzte ihn durch ein klares Nein. Auch andere christliche Kirchen haben sich gegen die Todesstrafe ausgesprochen und berufen sich dabei auf die Prinzipien von Vergebung und Erlösung.