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Teamplayer im Hier und Jetzt

Das Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit ist nicht unbedingt Christian Kopps Lieblingsort. Sein Nutzername auf Instagram war zugleich auch Konzept seiner vier Jahre als Regionalbischof in München und Oberbayern: Andere „leuchtenlassen“, statt selbst in der ersten Reihe zu stehen. Das könnte sich ab 1. November ändern: Da tritt der 59-Jährige die Nachfolge des omnipräsenten Heinrich Bedford-Strohm als Landesbischof an. Kopp ist dann das Gesicht der bayerischen evangelischen Kirche. Wie er diese Rolle ausfüllen werde, lasse er auf sich zukommen, sagte der Theologe dem Evangelischen Pressedienst (epd). Eins habe er sich aber vorgenommen: „Ich möchte mir und meiner Persönlichkeit treu bleiben.“

Einen klaren Plan hat Christian Kopp bereits für die gewaltigen Herausforderungen der bayerischen Landeskirche, die in absehbarer Zeit nur noch halb so groß sein wird wie heute. Straffen, gewichten, ausprobieren: Schon als Münchner Regionalbischof hat Kopp angestoßen, was die nächsten Jahre der Kirche bestimmen wird. Zum Ergebnis seines Reformkurses im bayerischen Süden gehörte unter anderem das Pilot-Projekt „Einfach mitmachen“, das Ehrenamtliche professionell fördert und begleitet, die Neuordnung der regionalen Zusammenschlüsse in vielen Dekanaten und zahlreiche Graswurzelprojekte, die neue Zugänge zum Glauben schaffen.

Wie gut die bayerische Kirche ihren 2017 begonnenen Reformkurs „Profil und Konzentration“ in den nächsten Jahren umsetzt, wird über ihre Zukunft entscheiden. Kopps Haltung dazu ist nüchtern und unerschrocken: „Wir werden auch in zehn Jahren eine Kirche nah bei den Menschen sein“, ist sich der künftige Landesbischof sicher.

Für den Transformationsprozess bringt Kopp ein paar wichtige Skills mit ins Amt: Als junger Theologe leitete der gebürtige Regensburger, der in Rummelsberg und Garmisch-Partenkirchen aufgewachsen ist, die Kommunikationsinitiative der Landeskirche. Er bildete sich zum Organisationsberater fort und begleitete Gemeinden bei Strukturfragen.

Später schlug er mit seiner Frau Julia, ebenfalls Pfarrerin, und den zwei Kindern im evangelischen Kernland Frankens Wurzeln, erst als Dorfpfarrer im Nürnberger Speckgürtel, danach als Dekan der Nürnberger Südstadt mit ihren sozialen Brennpunkten – die Bedingungen von Gemeinde auf dem Land und in der Stadt sind ihm also vertraut. Der nächste Karriereschritt brachte den leidenschaftlichen Bergsteiger und Radfahrer dann als Münchner Regionalbischof näher an die Alpen und zugleich in die evangelische Diaspora.

In den nächsten acht Jahren ist Kopp, der die zehn Amtsjahre aus Altersgründen nicht ganz voll machen kann, für alle 1.536 Gemeinden der bayerischen Landeskirche zuständig. Er habe vor dem „fordernden Amt“ Respekt und betrachte die Aufgabe als „große Verpflichtung“, sagte er nach seiner Wahl am 28. März in München. Dass die Verantwortung nur auf den Schultern des Landesbischofs lastet, weist er jedoch von sich: „Alleine ist man klein, wenn die anderen nicht mitmachen“, sagte Kopp im epd-Gespräch. Die anderen, das sind das Gremium des Landeskirchenrats, in dem alle Regionalbischöfe und Abteilungs-Chefs des Landeskirchenamts versammelt sind, sowie die Landessynode mit ihren 108 Abgeordneten aus ganz Bayern und deren geschäftsführender Ausschuss.

Bei aller Organisation des Zukunftsprozesses darf die Seele für den Landesbischof nicht zu kurz kommen – weder die eigene, noch die der Menschen im Land. Für sie übersetzt er die Botschaft des christlichen Glaubens in einfache Worte: „Das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ Es gehe um das „Hier und Jetzt“ – jeder Moment des Lebens sei ein Geschenk, in jedem Moment könne etwas Großartiges passieren. Er selbst brauche für seine Spiritualität auch „Zeit für mich allein und für Gott“. Kopp findet sie, wenn er die drei Kilometer ins Landeskirchenamt radelt.

Gemeinden, Gesellschaft, Gremien – die vielen Beteiligten auf dem Weg in die Zukunft gut einzubinden und in Teams zu arbeiten, ist Kopps Ziel. Das Netzwerken sei ihm dank der großen Familie mit 35 Cousins und Cousinen quasi in die Wiege gelegt worden, sagte er einmal scherzhaft. Doch trotz seines zugewandten Charakters steht der neue Landesbischof keinesfalls für einen Kuschelkurs. Stattdessen präge ihn „eine positive Ungeduld“, bemerkte Personalchef Stefan Reimers bei Kopps Abschied aus dem Regionalbischofsamt: „Er dreht vor Entscheidungen nicht jede Frage siebenmal um.“

„Hingehen. Machen“, dieses Motto hatte Christian Kopp für seinen Abschied vom Kirchenkreis München gewählt. Es könnte auch sein Leitspruch für die Zeit als Landesbischof werden. (00/3502/26.10.2023)