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Tausende Schüler streiken in Berlin gegen den Wehrdienst

In Berlin haben am Freitag Tausende Menschen gegen das neue Wehrdienstgesetz protestiert. Ab Mittag zog nach Angaben der Organisatoren bis zu 7.000 Schülerinnen und Schüler im Rahmen eines „Schulstreiks gegen Wehrpflicht“ vom Halleschen Tor aus durch den Stadtteil Kreuzberg. Die Polizei sprach von rund 3.000 Teilnehmenden. Am späten Freitagnachmittag startete am Kreuzberger Oranienplatz eine weitere sogenannte „Demo für Alle“ in Richtung Neukölln.

Am Freitagvormittag hatte der Bundestag das Wehrdienstmodernisierungsgesetz verabschiedet. Ab dem 1. Januar sollen demnach alle 18-jährigen Männer einen Fragebogen erhalten, in dem ihre Bereitschaft für einen Dienst in der Bundeswehr abgefragt wird.

„Wir stehen hier, weil es um unser Leben geht“, sagte ein Redner am Oranienplatz. Andere Rednerinnen und Redner nutzten die Bühne auch für Palästina-solidarische Äußerungen. Die Polizei sprach insgesamt von einem störungsarmen Verlauf, es habe sechs Festnahmen im Laufe des Tages gegeben. Bei der ersten Demonstration seien 75 Kräfte eingesetzt worden, bei der „Demo für Alle“ seien zwei Hundertschaften sowie die Verkehrspolizei vor Ort.

Jugend- und Schülerorganisationen hatten für Freitag zu einem bundesweiten Protesttag gegen das neue Gesetz aufgerufen. An der Kundgebung vor dem Halleschen Tor beteiligten sich neben Schülerinnen und Schülern vereinzelt auch Eltern und Lehrkräfte. Schülerinnen und Schüler, die daran ohne Befreiung während der Unterrichtszeit teilnahmen, fehlten unentschuldigt.

Berlins Landesschülersprecher Orcun Ilter hatte den Streik am Freitag im RBB-Hörfunk verteidigt. Junge Menschen hätten in dem Prozess „keine Stimme auf Bundesebene“ gehabt, kritisierte Ilter. Zudem äußerte er die Befürchtung, dass die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht wieder eingesetzt werden könnte, wenn sich nicht genug Freiwillige finden. Das Bundesverteidigungsministerium strebt an, dass die Streitkräfte bis zum Jahr 2035 über 260.000 Zeit- und Berufssoldaten und -soldatinnen sowie 200.000 Reservistinnen und Reservisten verfügen sollen.

Der jüngste Abgeordnete des Bundestages, der 24-jährige Luke Hoß von den Linken, hatte im RBB-Hörfunk am Freitag die anstehende Musterung aller jungen Männer kritisiert. Er monierte, dass sich mehr um das Militär gekümmert werde als um marode Schulen oder Kulturangebote für Jugendliche.

Den kommenden Fragebogen müssen Männer verpflichtend ausfüllen, Frauen können. Zudem soll es eine Musterung aller jungen Männer geben. Die Möglichkeit der Verweigerung bleibt bestehen.