Mehrere Tausend Menschen haben am Samstag in Berlin und Karlsruhe für eine Legalisierung von Abtreibungen demonstriert. In Berlin gingen laut Polizei rund 2.500 Menschen auf die Straße; in Karlsruhe sprachen die Veranstalter von rund 2.800 Menschen. Aufgerufen hatte dazu die Kampagne „Abtreibung legalisieren – Jetzt“.
Die Demonstrantinnen und Demonstranten forderten die Abschaffung des Abtreibungsparagrafen im Strafrecht. Die Kundgebungen fanden vor dem Hintergrund eines Gruppenantrags von Bundestagsabgeordneten für eine Änderung des Abtreibungsrechts statt. Vereinzelt standen in Berlin auf der Route vom Alexanderplatz zum Reichstagsgebäude Gegendemonstranten.
Auf der Berliner Demonstration war auf Plakaten unter anderem zu lesen: „Mein Uterus gehört nicht in das StGB“, „§ 218 ersatzlos streichen“ und „Patriarchat abtreiben – Abtreibung legalisieren“. Gegendemonstranten forderten auf Plakaten „Achtung vor dem Leben“ oder bezeichneten Abtreibung als „Sünde“.
In Karlsruhe hieß es von den Veranstaltern, das Abtreibungsverbot sei ein „Zeugnis staatlicher Gewalt gegen Frauen“, die ungewollt schwanger werden. Dies sei ein „Eingriff gegen die Selbstbestimmung, unser Leben und unsere Körper“.
Der Gruppenantrag von Abgeordneten verschiedener Fraktionen über eine Legalisierung von Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche war am Donnerstag erstmals im Bundestag beraten worden. Dem Entwurf zufolge sollen Abtreibungen nicht mehr im Strafrechtsparagrafen 218 geregelt werden. Die Beratungspflicht für Frauen wird beibehalten, die Bedenkzeit von drei Tagen zwischen Beratung und Eingriff soll entfallen. Die Kosten eines Abbruchs sollen die Krankenkassen übernehmen. Dafür hatte sich auch FDP-Chef Christian Lindner im „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND, Samstag) ausgesprochen.
Die Kampagne „Abtreibung legalisieren – Jetzt“ will aber weiter gehen. Mit dem Festhalten an der Zwölf-Wochen-Frist und der Beratungspflicht bleibe der Gesetzentwurf hinter ihren Forderungen zurück, erklärten die Initiatoren. Sie hoffen auf Änderungen im parlamentarischen Verfahren.
In Deutschland werden Abtreibungen in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft nicht bestraft, wenn das vorgeschriebene Verfahren mit einer Beratung eingehalten wird. Sie sind aber rechtswidrig, weshalb die Kosten nicht übernommen werden und die Zahl der Praxen, die Abbrüche vornehmen, seit Jahren zurückgeht. Die aktuelle Rechtslage geht auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zurück, wonach der Staat den Schutz des ungeborenen Lebens ebenso zu beachten hat wie das Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren.
Die Initiative „Abtreibung legalisieren – Jetzt“ beruft sich bei ihren Forderungen unter anderem auf eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Bundesfamilienministeriums, wonach mehr als 75 Prozent der Menschen in Deutschland für die Legalisierung von Abreibungen sind. Auf Plakaten der Berliner Demonstration, die vor dem Reichstagsgebäude enden sollte, war deshalb auch immer wieder zu lesen: „Wir sind viele. Wir sind mehr. Wir sind die 75 Prozent“.