Ein pathogener Pilz, der in den 2000er Jahren in Nordamerika zu einem Massensterben bei Fledermäusen führte, stammt einer neuen Studie zufolge aus der Region Podilia in der Ukraine. Das habe ein internationales Forscherteam unter Federführung einer Doktorandin der Universität Greifswald durch die genetische Analyse von mehr als 5.400 Proben herausgefunden, die in 27 Ländern in Europa, Asien und Nordamerika gesammelt wurden, teilte die Universität Greifswald am Mittwoch mit. Der Pilz Pseudogymnoascus destructan verursache die sogenannte Weißnasenkrankheit, hieß es. Die Studienergebnisse legten nahe, dass er zufällig nach Nordamerika eingeschleppt wurde, wahrscheinlich durch ein einmaliges Ereignis und zwar über den Austausch mit Höhlenforschenden aus dem Bundesstaat New York.
Die Studie zeigt den Angaben nach auch, dass es eine weitere Pilzart gibt, die die Weißnasenkrankheit bei Fledermäusen auslösen kann. Allerdings sei diese Pilzart bislang noch nicht nach Nordamerika eingeschleppt worden. Die Entdeckung eines zweiten pathogenen Pilzes sei ein erhebliches Risiko für den Schutz und die Erhaltung von Fledermäusen, hieß es. Höhlenforschung brauche deshalb strengere Biosicherheitsstandards, denn wenn eine zweite Pilzart nach Nordamerika gelangen sollte, würden noch viel drastischere Todesraten erwartet.
In den Jahren 2006 und 2007 wurde laut Mitteilung in einer Höhle im US-amerikanischen Staat New York ein unerklärliches Massensterben von Fledermäusen beobachtet. Die Tiere wiesen einen weißen Staub auf der Nase auf, der durch einen damals unbekannten Pilz verursacht wurde. Diese Pilzkrankheit, die sogenannte Weißnasenkrankheit, breitete sich in den folgenden Jahren rasch in Nordamerika aus. Sie dezimierte die überwinternden Fledermaus-Populationen mit jährlichen Sterblichkeitsraten von über 90 Prozent und verursachte den Tod von mehreren Millionen Fledermäusen.
„Die Verhinderung des unbeabsichtigten Transports von pathogenen Pilzen wie Pseudogymnoascus destructans muss zu einer Priorität in den Strategien zum Artenschutz und zum Gesundheitsmanagement werden, sowohl für die Tierwelt als auch für den Menschen“, sagte Sébastien Puechmaille, Koordinator der Studie an der Universität Montpellier. Die systematische und rigorose Reinigung der Höhlenforschungsausrüstung biete sich als wesentliche Maßnahme an.
Die Region Podillia in der Ukraine beherbergt einige der größten Höhlensysteme der Welt. Das Gebiet ist seit dem Ende der Sowjetunion ein beliebtes Ziel für internationale, insbesondere nordamerikanische Höhlenforschende.
Die Studie ist laut Mitteilung am Mittwoch in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht worden. Ein internationales Team von Forschenden hatte die Untersuchung in Zusammenarbeit mit Partnern aus Frankreich, Bulgarien, Finnland und der Ukraine und über 360 freiwilligen Helfenden durchgeführt. Die Ergebnisse werfen den Angaben zufolge ein Schlaglicht auf die Risiken menschlicher Eingriffe in sensible Ökosysteme.