„Durch das Schicksal meiner Großeltern stark berührt, begann ich, mich mit der Geschichte Vertriebener tiefer zu befassen“, sagt Monika Hönigschmid. Die Großeltern Ida Nixdorf (1890–1967) und Max Nixdorf (1887–1974) lebten in Altbeckern bei Liegnitz, dem heutigen polnischen Legnica. Sie mussten 1945 aus ihrer Heimat fliehen und suchten an verschiedenen Orten Zuflucht. Ab 1949 lebte das Paar im sächsischen Mügeln. Ihre Enkelin Monika schrieb die Erinnerungen der Großeltern auf. „Der Schmerz über den Verlust der Heimat ist nicht beschreibbar. Sie konnten ihn nie verwinden“, erzählt Monika Hönigschmid heute. „Doch der Glaube trug sie im Leben weiter. Er ließ sie ohne Rachegefühle weiterleben und bewahrte ihre Sicht auf das Gute im Menschen.“
Monika Hönigschmid: „Diese Geschichte darf nicht vergessen werden“
Seit Juli 2022 arbeitet die 70-Jährige für die Stiftung „Erinnerung, Begegnung, Integration“. Diese ist angesiedelt in der Energiefabrik Knappenrode, einem Standort des Sächsischen Industriemuseums. Hönigschmid arbeitet an drei Tagen in der Woche die „Heimatstube Liegnitz“ auf.

Die Dokumentensammlung Vertriebener lag lange Zeit im nordrhein-westfälischen Wuppertal, der Partnerstadt von Legnica. 2019 erwarb die Stiftung die Sammlung und brachte sie 2020 nach Knappenrode. Monika Hönigschmid legt hier ein erstes Bestandsverzeichnis an. Sie sichtet Briefe, Postkarten, Bücher, Akten und Dokumente Vertriebener, ebenso wie Landkarten, Hausrat und Trachten. Dabei lernt sie bewegende Schicksale kennen. Sie erzählen oft von Pein und Gewalt während der Flucht. 1945 vergewaltigten Sowjetsoldaten zahllose Frauen in Deutschland. Die meisten Taten wurden nicht strafrechtlich verfolgt. „Diese Geschichte darf nicht vergessen werden“, sagt Monika Hönigschmid nachdenklich.
„Heimatstube Liegnitz“: Aufarbeitung als Herzensprojekt
Ein Teil der aufgearbeiteten „Heimatstube Liegnitz“ soll eines Tages in der Energiefabrik Knappenrode in der Kultur- und Begegnungsstätte „Transferraum Heimat“ mit ausgestellt werden. Aus Verantwortung für die Geschichte, aus kultureller Verbundenheit, vor allem jedoch aus dem tiefen Glauben als Christin heraus liegt Hönigschmid die Aufarbeitung am Herzen. Die heutige Görlitzerin engagiert sich darüber hinaus für die Bundesgruppe Liegnitz. Sie organisiert Vorträge, Lesungen, Andachten und Begegnungsabende. Gern führt sie Menschen nach Jahrzehnten zusammen. Das ist ihr wichtig. Sterben doch immer mehr Zeitzeugen.
„Ihr Erbe muss weiter gepflegt werden. Ihre Erinnerungen sollen bewahrt bleiben“, unter streicht die 70-Jährige. Zugleich wirkt sie mit in der Arbeitsgemeinschaft Ostdeutscher Familienforscher und ist zuständig für die Forschungsgruppe Liegnitz im Verein Gemeinschaft Evangelischer Schlesier e. V. In ihrer früheren Heimat Mügeln hält sie Vorträge zur Kirchengeschichte und zur Ahnenforschung Schlesiens.