Artikel teilen

Stärkere Bekämpfung der Einsamkeit gefordert

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie verweist auf Vorbild Großbritannien

Berlin – Diakonie-Präsident Ulrich Lilie fordert mehr politisches und gesellschaftliches Engagement gegen Einsamkeit. „Wir brauchen ein Bündnis aus Politik und gesellschaftlichen Gruppen, wie Kirchen, Wohlfahrtsverbänden, Sportvereinen und kulturellen Einrichtungen“, sagte Lilie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Eine politische Debatte dazu sei auch in Deutschland dringend notwendig, erklärte Lilie mit Blick auf Großbritannien. Dort ist der Kampf gegen Einsamkeit nach einem Beschluss der Regierung nun Teil des Aufgabengebiets von Sport-Staatssekretärin Tracey Crouch.
„Einsamkeit ist ein Querschnittsproblem in unserer Gesellschaft, über das zu wenig geredet wird“, so Lilie. Sowohl in Städten als auch auf dem Land wachse die Zahl von Menschen, die sich allein fühlten. „Einsame Leute wieder in die Gesellschaft zu holen, ist eine Aufgabe, die man nicht einfach kommerziellen Anbietern wie Facebook oder Partnerschaftsbörsen überlassen darf“, sagte der Diakonie-Präsident.
„Die britische Initiative ist vorbildlich“, kommentierte Lilie den Vorstoß der britischen Regierung. Auch in Deutschland müsse Politik mehr tun, um Einsamkeit vorzubeugen. „Armut und Vereinsamung hängen ganz klar zusammen“, sagte der Diakonie-Präsident. So habe in Berlin mehr als die Hälfte der Bewohner Angst, ihre Miete nicht mehr zahlen zu können und deswegen ihre vertraute Umgebung verlassen zu müssen. „Da finden Verdrängungswettbewerbe statt, bei denen wir nicht einfach zugucken können.“
Einsamkeit könne auch in politischem Frust resultieren, erklärte Lilie. „Die Leute melden sich dann auch politisch, indem sie Parteien wählen, von denen man sich nicht wünscht, dass sie größer werden“, sagte er. Neben der Politik sieht er auch die Zivilgesellschaft in der Pflicht. „Letztendlich geht es um die Frage, welches Land wollen wir sein und wie wollen wir zusammen leben“, sagte Lilie.
Außer Verbänden und Hilfseinrichtungen sehen auch Politiker Handlungsbedarf. So forderten der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach und der CDU-Politiker Marcus Weinberg in der „Bild“-Zeitung mehr Einsatz im Kampf gegen Einsamkeit. Die Einsamkeit bei über 60-Jährigen erhöhe die Sterblichkeit „so sehr wie starkes Rauchen“, sagte Lauterbach. Es müsse für das Thema einen Verantwortlichen geben, „bevorzugt im Gesundheitsministerium“. Weinberg fügte hinzu, einsame Menschen bräuchten eine stärkere Lobby. KNA/UK