Stefan Seidler vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW) will bei der Bundestagswahl am 23. Februar wieder ein Mandat holen. 2021 zog er als einziges Mitglied des SSW in den Bundestag ein. Wenn es für die Minderheitenpartei gut läuft, könnten dieses Mal sogar zwei Abgeordnete ins Parlament einziehen. Der SSW ist nur in Schleswig-Holstein wählbar und von der bundesweiten Fünf-Prozent-Hürde befreit. „Für mich ist wichtig, dass unsere Minderheiten und der Norden weiter einen entschlossenen Anwalt im Bundestag haben“, sagte der 45-Jährige dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Dass das nötig sei, zeige sich immer wieder. So seien die dänischen und friesischen Minderheiten etwa bei der Fortschreibung des Onlinezugangsgesetzes zunächst nicht berücksichtigt worden. „Dabei ist es so wichtig, dass staatliche Verwaltungsdienstleistungen auch in den Minderheitensprachen zugänglich sind“, erklärte Seidler.
Auf die Frage, ob ihm das Klima in Berlin nicht zu rau sei, antwortete der gebürtige Flensburger diplomatisch: „Ich bin in Berlin, weil ich Dinge für unsere Leute politisch bewegen will und weil es einen Unterschied macht, ob der SSW den Norden und unseren Minderheiten auf die Tagesordnung setzt.“ Er habe zwar „überall blaue Flecken“, aber nur, „weil ich mich so oft noch selbst kneifen muss, wie viel wir in Berlin durchbekommen haben“.
Er denke da etwa an die Generalsanierung der maroden Bahnstrecke zwischen Hamburg und Flensburg, die im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht enthalten gewesen sei. „Ich hatte im Plenum öffentlich dafür geworben die Strecke doch noch aufzunehmen. Wirklich toll, dass das noch geklappt hat“, findet Seidler. Als Erfolg verbucht der SSW-Abgeordnete auch die Änderung des Namensrechts, die es Menschen erlaubt, ihre Geburtsnamen nach friesischer und dänischer Tradition zu behalten.
Es sei ihm ein Anliegen, die Probleme Schleswig-Holsteins direkt dorthin zu bringen, wo sie gelöst werden sollen, nämlich in den Bundestag, erklärte Seidler. Dazu gehörten der Küstenschutz und die schlechte Infrastruktur. „Manche Kollegin und mancher Kollege aus dem Süden mag die Augen verdrehen, wenn ich vom Wikingeck, von Stedesand oder über Lindaunis im Plenum spreche, aber für die Leute bei uns ist das wichtig, dass wir uns kümmern.“
Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) hat in Schleswig-Holstein eine lange Tradition. Er wurde 1948 auf Anordnung der britischen Militärregierung als politische Interessenvertretung der dänischen Minderheit im Landesteil Schleswig und der nationalen Friesen in Nordfriesland gegründet. Politisch ordnet er sich zwischen CDU und SPD ein und steht für eine dezentrale Politik, wie Skandinavien sie praktiziert.
In den Bundestag hat der SSW es nun zum zweiten Mal geschafft. 1949 gelang Hermann Clausen als bislang einzigem Abgeordneten für eine Legislaturperiode der Einzug ins Parlament. 1961 beschloss die Partei, an Bundestagswahlen nicht mehr teilzunehmen. Ein Parteitag im Herbst 2020 stimmte dann wieder für eine Teilnahme an der Bundestagswahl 2021.