Das Kruzifix darf bleiben: In Eingangsbereichen von Dienstgebäuden in Bayern dürfen weiterhin religiöse Symbole wie das Kreuz hängen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht Leipzig am Dienstag entschieden. Demnach verletzt der sogenannte Kreuz-Erlass weder die Weltanschauungsfreiheit noch die staatliche Neutralitätspflicht (BVerwG 10 C 3.22, BVerwG 10 C 5.22). Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der den Kreuz-Erlass 2018 maßgeblich auf den Weg gebracht hatte, reagierte zufrieden.
Die Leipziger Richter urteilten, die Klage des religionskritischen Bundes für Geistesfreiheit in München und in Bayern sei unbegründet. Die Regelung des Freistaates Bayern sei „eine bloße Verwaltungsvorschrift ohne rechtliche Außenwirkung und verletzt deshalb keine Rechte der Kläger“, erläuterte das Gericht und wies damit eine Revision zurück. „Die angebrachten Kreuze stellen zwar für den objektiven Betrachter ein zentrales Symbol des christlichen Glaubens dar“, sie verletzten die Kläger jedoch nicht in ihrer Freiheit, hieß es. Auch der Grundsatz der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates werde nicht verletzt.
In Paragraf 28 der Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats Bayern heißt es seit Juni 2018: „Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen.“ Die CSU begrüßte das Urteil. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zeigte sich via Internetdienst X, früher Twitter, zufrieden: „Das Kreuz ist ein Zeichen unserer christlichen und kulturellen Prägung. Es gehört zu Bayern.“ CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek sagte, das Urteil sei ein „Ja zu unseren Werten und ja zur christlich-abendländischen Prägung unseres Landes ist“.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), das Kreuz stehe für elementare Werte wie Menschenwürde und Toleranz. „Unser ganzes Wertefundament, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, unsere Traditionen wie Weihnachten oder unsere Feiertage sind durchdrungen von christlich-abendländischer Kultur und Prägung.“ Sich von jeglicher Symbolik in diesem Zusammenhang zu verabschieden, hieße, die eigene kulturelle Identität über Bord zu werfen, warnte er. Das laizistische Frankreich zeige, dass Konflikte weiter schwelen und dann „auf gewaltvolle Weise ausbrechen“.
Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl begrüßte das Urteil ebenfalls. Dadurch sei sichergestellt, dass religiöse Symbole auch im öffentlichen Raum ihren Platz hätten und sich der Freistaat zu seinem Wertefundament bekennen könne. „Das Kreuz in der Amtsstube oder im Gerichtssaal ist das einmalige Symbol des Artikels 1 des Grundgesetzes und mahnt uns alle und insbesondere alle in staatlicher Verantwortung: ‘Die Würde des Menschen ist unantastbar’“, erläuterte Streibl.
Eine Sprecherin des Bundes für Geistesfreiheit zeigte sich erwartungsgemäß enttäuscht. Man habe allerdings nicht mit dieser Entscheidung gerechnet, sie sei auch nicht absehbar gewesen, sagte sie auf epd-Anfrage: „Dass die Rechtsfindung schwierig ist bei dem Thema, das ist schon klar.“ Noch liege ihr kein schriftliches Urteil vor, sie gehe aber davon aus, dass weitere Rechtsmittel möglich sind: „Wenn wir dürfen, gehen wir bis vors Bundesverfassungsgericht.“ Aus ihrer Sicht handle es sich beim Kreuz-Erlass weiterhin „um eine Grundrechtsverletzung, da können wir ja nicht auf dem halben Weg einfach aufhören“, sagte sie.
Dem Leipziger Urteil zufolge identifiziert sich der Freistaat Bayern mit der Aufhängung von Kreuzen nicht mit christlichen Glaubenssätzen. Vielmehr sei das Kreuz Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns. Die bayerische evangelische Landeskirche und das Münchner Erzbistum wollten sich auf epd-Anfrage am Dienstag nicht zum Urteil äußern. 2018 hatten sie den Erlass teils deutlich und scharf kritisiert.