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Sinti und Roma erinnern an Verfolgung während NS-Zeit

Mit einer Gedenkveranstaltung hat am Freitagabend der Landesverband Deutscher Sinti und Roma Bayern den 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz (27. Januar) begangen. Es habe nach dem Zweiten Weltkrieg Jahrzehnte gedauert, bis das Leid ihrer Minderheit anerkannt wurde, sagte Marcella Reinhardt, stellvertretende Vorsitzende des Landesverbands bei der Veranstaltung mit rund 300 Teilnehmenden aus der Community im Schwabacher Markgrafensaal. „Immer noch sehen sich viele von uns mit Ausgrenzung konfrontiert. Kinder werden auf dem Schulhof mit dem rassistischen Z-Wort beleidigt“, so Reinhardt. Der Kampf gegen Antiziganismus sei viel zu lange als Randthema behandelt worden.

„Wir sind Deutsche mit einem kulturellen Hintergrund und erheben unseren Anspruch auf dieses Land. Niemand hat das Recht, uns zu diskriminieren oder zu verweigern, was uns zusteht“, betonte Reinhardt. Mit Blick auf rassistische Tendenzen und Vertreibungsphantasien rechter Akteure in Politik und Gesellschaft sagte sie: „Wir sind nicht diejenigen, die gehen müssen. Es sind die Nazis, die gehen müssen.“ Der Integrationsbeauftragte der Staatsregierung, Karl Straub (CSU), sicherte den Anwesenden zu: „Sie sind ein fester Bestandteil Deutschlands und der bayerischen Gesellschaft.“

Es habe Zeiten gegeben, in denen in Deutschland gefragt wurde, ob man das Erinnern an den Holocaust überhaupt noch brauche. „Es ist notwendiger denn je, denn wir sind in schwierigen Zeiten“, so Straub. Ausgrenzung, Rassismus und Antisemitismus hätten in Bayern nichts verloren. Der Integrationsbeauftragte bot im Zuge seines Grußwortes dem Landesverband der Sinti und Roma einen Sitz im bayerischen Integrationsrat an, um gemeinsam an den Themen Diskriminierung und Rassismus zu arbeiten.

Am Freitag hat der Landesverband auch die Arbeit seiner Antidiskriminierungsstelle vorgestellt. Diese entstand vor mehr als einem Jahr über eine Förderung des bundesweiten Projekts „respektland“. Drei Beraterinnen bieten in Fällen von Ausgrenzung Unterstützung an. In Gesprächen stelle sich immer wieder heraus, dass Betroffene ein tiefes Misstrauen gegenüber Institutionen und Behörden, auch gegenüber der Polizei empfinden, weil viele als Menschen zweiter Klasse behandelt würden, sagte Marcella Reinhardt. „Das Vertrauen in Institutionen muss wieder hergestellt werden. Das geht nur, wenn die Menschen, die Betroffene beraten, die gleichen Erfahrungen gemacht haben.“

Bei der Gedenkveranstaltung anwesend waren auch Peter Reiß (SPD), Oberbürgermeister von Schwabach, Zeitzeugen, Aktivistinnen und Aktivisten sowie Gäste der Stadt Nürnberg, der Allianz gegen Rechtsextremismus, der Israelitischen Kultusgemeinde und des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände Nürnberg. Die freie christliche Gemeinde „Fels des Glaubens“ aus Fürth zeigte ein bewegendes Theaterstück mit nachgestellten Szenen aus dem Leben des Holocaust-Überlebenden Hugo Höllenreiner. (00/0284/25.01.2025)