Artikel teilen:

Sind Gottesdienstbesucher Kunden?

Verstehen sich Gottesdienstbesucher als Kirchenkunden? Dieser Frage ging das Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland für Qualitätsentwicklung im Gottesdienst nach. Es befragte zusammen mit Sozialpädagogen der Hildesheimer Universität per Internet bundesweit rund 2000 Menschen. Folkert Fendler, Leiter des Instituts, stellt die Ergebnisse vor.

Von Folkert FendlerEs gibt Bereiche im Leben, da möchten wir einfach nicht als Kunden angesprochen werden. Bei einem Arztbesuch zum Beispiel. Da wünschen wir uns, dass die Ärztin einzig unsere Gesundheit im Blick hat, dass sie ihre Untersuchung, ihre Beratung, ihre Zeit und ihre Verordnung nicht von ökonomischen Gesichtspunkten leiten lässt.Nach dem Munde reden?Wir wünschen uns weiter, dass sie offen und ehrlich sagt, wie es um uns bestellt ist, und was zu tun ist. Warum glauben wir, dass sie anders handeln würde, wenn sie uns vor allem als Kunden sähe? Weil wir mit dem Kundenbegriff gerade dies verbinden: dass der Anbieter einer Leistung uns nach dem Munde redet, dass er mit uns und an uns vor allem Geld verdienen möchte. Kunde sein und lautere Absichten? Das passt irgendwie nicht zusammen.Begriff Kunde befremdetAuch der Gottesdienst ist zweifellos solch ein Bereich, in dem der Kundenbegriff Befremden, ja Ablehnung hervorruft. Dort wollen wir vor Gott stehen, unbelastet von jeglicher, gar ökonomischer Hinterabsicht. Dort ist die Kirche ihrem Auftrag verpflichtet, den sie keinesfalls preisgeben darf, um irgendwelche menschlichen Bedürfnisse zu befriedigen, nur weil die Menschen sich dann vielleicht wohler fühlen.Eine Hildesheimer Studie hat nun dennoch versucht, den Zusammenhang von Gottesdienstbesuch und „Kundesein“ genauer in den Blick zu nehmen. Hintergrund waren neuere Untersuchungen zum Kundenbegriff. Dieser hat sich nämlich seit seinem Eintreten in den Non-Profit-Bereich in den 1980er Jahren, also in den Bildungsbereich, den Kulturbetrieb, die Jugendhilfe und die Verwaltung – um nur einige Beispiele zu nennen – erheblich erweitert und verändert. Die ökonomische Dimension trat zurück. Es wurde zunehmend deutlich, dass die Auftragsorientierung etwa eines Theaters („Autonomie des Kunstwerks“) nicht gegen die Vermittlungsaufgabe ausgespielt zu werden braucht, sondern durch genauere Betrachtung und Analyse der Schnittstelle zum „Kunden“ letztlich an Profil und Qualität gewann, der Auftrag mithin besser erfüllt wurde als vorher. (…)

Weiterlesen