Ein drängendes Gefühl, eine bohrende Frage: Wo gehöre ich hin? Was ist meine Bestimmung? Wie gelingt mein Leben? Bei wem fühle ich mich vollständig? Da muss noch etwas kommen, das kann doch noch nicht alles gewesen sein.
Die Sehnsucht ist ein brennendes, schmerzliches Verlangen, das ein Loch in der Seele hinterlässt. Es ist das Gefühl, dass etwas oder jemand fehlt, dass man nicht zufrieden ist, stattdessen immer auf der Suche nach etwas, einen Hunger spürt, der nie ganz gestillt wird.
Sehnsucht nach mehr oder weniger von etwas
Das ist das Typische für die Sehnsucht. Sie richtet sich auf etwas, das (zumindest vorerst) unerreichbar scheint. Es ist das Verlangen nach einem anderen, nach einem mehr an etwas, einem weniger. Die Sehnsucht ist Fernweh, Heimweh, das Sich-Verzehren nach einem anderen. Sie kann sich auf Personen, auf Dinge, auf Zustände oder einen Ort richten. Die Sehnsucht nach der Heimat, einem Platz, an dem wir uns geborgen fühlen, ist vermutlich eines der drängendsten Gefühle. Überhaupt: Die Sehnsucht ist etwas, das wohl jeder Erwachsene kennt und das dennoch schwer zu beschreiben ist.
Auch die Bibel kennt sie, und das sogar sehr gut. Dort findet sich die Sehnsucht nach Zweisamkeit, nach Erlösung, nach einem erfüllten Leben. Da ist Gottes Sehnsucht nach dem Menschen und natürlich die Sehnsucht des Menschen nach Gott. „Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so lechzt meine Seele, nach dir, Gott. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott“ (Ps 42,2-3). Eine Sehnsucht, die nur Gott selbst zu stillen vermag.
Sehnsucht als Ausdruck der eigenen Unvollkommenheit
Vielleicht gilt das für Sehnsucht im Allgemeinen. Der Mensch kann zwar Ziele erreichen, Dinge verändern, doch er kann seine Sehnsucht nicht stillen. Sehnsucht ist ein Ausdruck der eigenen Unvollkommenheit, sie hört nicht auf. Sie ist ein Schmerz, der nie ganz endet. Sie gehört zum Menschen dazu und hält ihn lebendig.
Trotz der damit verbundenen Traurigkeit kann das Verlangen auch hilfreich sein. Die Sehnsucht endet nicht im Negativen, im Gegenteil, wird sie zu etwas Positivem, entwickelt sie große Kraft, gerade durch die Unerreichbarkeit. Zeigt sie uns doch, was uns wichtig ist, wonach es uns verlangt, unsere (geheimen) Wünsche.